Mittwoch, 25. Januar 2012

Haustiere



Ich lese gerne Erziehungsbücher. Das Erste habe ich gelesen mit meinem Sohn als Buchständer. Ich stillte ihn und an seinem Bauch lehnte das aufgeschlagene Buch. Heute habe ich ein ganzes Regal davon. Sie enthalten wertvolle Tipps und solche, die einem das Familienleben unnötig schwer machen. Die größte Mär ist zum Beispiel, dass Kinder durch ein Haustier lernen, Verantwortung zu übernehmen. Der einzige Mensch, der lernt, noch mehr und noch mehr Verantwortung zu übernehmen, ist Mama. Neulich saß ich beim Tierarzt. Neben mir die Box mit unserem Kater und seinem Zahnstein. Wenn man andere Mütter treffen möchte, muss man zum Tierarzt gehen. Lenas Mutter wurde von Welpe Emmi an der Leine an mir vorbei geschleift. Später kam mir Taras Mutter mit dem halbwüchsigen Labrador ihrer Kinder entgegen. Die beiden waren auf dem Weg zur Hundeschule. „Bin nur froh“, rief Taras Mutter von der anderen Straßenseite, „dass es da keine Elternabende gibt.“

All diese Mütter übernehmen Verantwortung für die Tiere ihrer Kinder. Meine Schwestern, ich habe drei, bieten die besten Beispiele dafür. Meine Schwester Nummer 2 hat den toten Wellensittich ihres Sohnes in den Gefrierschrank neben die Fischstäbchen gelegt, weil sie ihm ermöglichen wollte, nach der Rückkehr von der Klassenreise an der Beerdigung seines Vogels im Garten teilzunehmen. Und Schwester Nummer 3 hat für ihren Sohn in der Stadtwohnung drei Wüstenrennmäuse angeschafft. Leider verstanden sich die Mäusegeschwister nicht. Drei Käfige türmten sich bald in Schwesters Küche. Zum Glück ist sie Architektin. Sie schuf ein Rennmaus-Penthaus, in dem jede Maus einmal alleine wohnen durfte. Was ich aber erzählen wollte, ist, dass sie große Anstrengungen unternahm, den Mäusen Sozialverhalten beizubringen. Das ging so: Immer zwei Mäuse wurden in die trockene Badewanne gelassen, um sich wieder einander anzunähern, und meine Schwester kniete mit wattierten Backofenhandschuhen vor der Wanne, um dazwischen zu gehen, sobald sie wieder anfingen, sich zu beißen. Das war ein Tipp aus dem Internet.
Das sind alles Beispiele für das riesige Verantwortungsbewusstsein von Müttern. Wir wissen nämlich alle: so ein Tier ist was für die Seele, für unsere und die unserer Kinder.

Wir haben zwei Katzen. Die Verfasser von Erziehungsbüchern können in unseren Keller kommen und am Füllstand unseres Katzenklos den Verantwortungspegel unserer Kinder ablesen. Manchmal stinkt dieser Pegel. Der meist verwendete Satz in unserer Familie lautet deshalb „Wer ist eigentlich dran mit Katzenklo“? (Na, möchte jemand bei mir den Kurs buchen „Wie verfasse ich eine elegante Herleitung des Blog-Titels“?)

Heute bin ich mal wieder "dran mit Katzenklo", weil ich es gemein finde, Tieren, die so sauber sind wie Katzen, die gescheiterte Verantwortungserziehung von Kindern anzuhängen. Meine Kinder haben übrigens Verantwortungsgefühl, ohne dass ich sie mit der Nase in Katzenklos schubsen musste.

Ich habe gestrenge Freundinnen, die würden nie selber zum Schäufelchen greifen. Eher würden sie das volle Katzenklo oder das trübe Aquarium neben das Kopfkissen des Kindes wuchten als dass sie den Besitzer des Tieres aus der Verantwortung lassen. Zu dieser Strategie gibt es einen Klassiker: „Rudolf Dreikurs/Loren Grey: Kinder lernen aus den Folgen“. Das ist ein kluges Buch, aber manchmal kalt in seiner emotionslosen Konsequenz.

Ich finde, wir sollten uns die Freude an Haustieren nicht nehmen lassen, indem wir das Thema aufladen mit der groooooßen Frage der Verantwortung. Klar, ist das der Job der Kinder, wenn ihnen das Tier gehört. Aber mal ehrlich: ich habe mir genauso Katzen gewünscht wie meine Kinder. Und es ist mein Mann, der mit Leckerchen rasselnd durch die Nachbarschaft zieht, wenn eine der beiden Süßen nicht zur verabredeten Zeit zu Hause ist. „Komm mal zu Frauchen!“, rief ich neulich unserem Kater zu. „Das ist mein Kater“, sagte unsere Tochter bestimmt. „Ich bin sein Frauchen und du bist … du bist sein Omchen.“

Na, immer fröhlich bleiben

Uta