Ich lese gerne
Erziehungsbücher. Das Erste habe ich gelesen mit meinem Sohn als
Buchständer. Ich stillte ihn und an seinem Bauch lehnte das
aufgeschlagene Buch. Heute habe ich ein ganzes Regal davon. Sie
enthalten wertvolle Tipps und solche, die einem das Familienleben
unnötig schwer machen. Die größte Mär ist zum Beispiel, dass
Kinder durch ein Haustier lernen, Verantwortung zu übernehmen. Der
einzige Mensch, der lernt, noch mehr und noch mehr Verantwortung zu
übernehmen, ist Mama. Neulich saß ich beim Tierarzt. Neben mir die
Box mit unserem Kater und seinem Zahnstein. Wenn man andere Mütter
treffen möchte, muss man zum Tierarzt gehen. Lenas Mutter wurde von
Welpe Emmi an der Leine an mir vorbei geschleift. Später kam mir
Taras Mutter mit dem halbwüchsigen Labrador ihrer Kinder entgegen. Die beiden waren
auf dem Weg zur Hundeschule. „Bin nur froh“, rief Taras Mutter
von der anderen Straßenseite, „dass es da keine Elternabende gibt.“
All diese Mütter
übernehmen Verantwortung für die Tiere ihrer Kinder. Meine Schwestern, ich habe drei, bieten die besten Beispiele dafür. Meine
Schwester Nummer 2 hat den toten Wellensittich ihres Sohnes in den
Gefrierschrank neben die Fischstäbchen gelegt, weil sie ihm
ermöglichen wollte, nach der Rückkehr von der Klassenreise an der
Beerdigung seines Vogels im Garten teilzunehmen. Und Schwester Nummer 3 hat für
ihren Sohn in der Stadtwohnung drei Wüstenrennmäuse angeschafft.
Leider verstanden sich die Mäusegeschwister nicht. Drei Käfige
türmten sich bald in Schwesters Küche. Zum Glück ist sie
Architektin. Sie schuf ein Rennmaus-Penthaus, in dem jede Maus einmal alleine wohnen durfte. Was ich aber erzählen wollte, ist, dass sie große
Anstrengungen unternahm, den Mäusen Sozialverhalten beizubringen.
Das ging so: Immer zwei Mäuse wurden in die trockene Badewanne
gelassen, um sich wieder einander anzunähern, und meine Schwester kniete mit wattierten Backofenhandschuhen vor der Wanne, um dazwischen zu gehen, sobald sie wieder
anfingen, sich zu beißen. Das war ein Tipp aus dem Internet.
Das sind alles
Beispiele für das riesige Verantwortungsbewusstsein von Müttern.
Wir wissen nämlich alle: so ein Tier ist was für die Seele, für
unsere und die unserer Kinder.
Wir haben zwei
Katzen. Die Verfasser von Erziehungsbüchern können in unseren
Keller kommen und am Füllstand unseres Katzenklos den
Verantwortungspegel unserer Kinder ablesen. Manchmal stinkt dieser
Pegel. Der meist verwendete Satz in unserer Familie lautet deshalb
„Wer ist eigentlich dran mit Katzenklo“? (Na, möchte jemand bei
mir den Kurs buchen „Wie verfasse ich eine elegante Herleitung des Blog-Titels“?)
Heute bin ich mal wieder "dran mit
Katzenklo", weil ich es gemein finde, Tieren,
die so sauber sind wie Katzen, die gescheiterte
Verantwortungserziehung von Kindern anzuhängen. Meine Kinder haben
übrigens Verantwortungsgefühl, ohne dass ich sie mit der Nase in
Katzenklos schubsen musste.
Ich habe
gestrenge Freundinnen, die würden nie selber zum Schäufelchen
greifen. Eher würden sie das volle Katzenklo oder das trübe
Aquarium neben das Kopfkissen des Kindes wuchten als dass sie den
Besitzer des Tieres aus der Verantwortung lassen. Zu dieser Strategie
gibt es einen Klassiker: „Rudolf Dreikurs/Loren Grey: Kinder lernen
aus den Folgen“. Das ist ein kluges Buch, aber manchmal kalt in
seiner emotionslosen Konsequenz.
Ich finde, wir
sollten uns die Freude an Haustieren nicht nehmen lassen, indem wir
das Thema aufladen mit der groooooßen Frage der Verantwortung. Klar,
ist das der Job der Kinder, wenn ihnen das Tier gehört. Aber mal
ehrlich: ich habe mir genauso Katzen gewünscht wie meine Kinder. Und
es ist mein Mann, der mit Leckerchen rasselnd durch die Nachbarschaft
zieht, wenn eine der beiden Süßen nicht zur verabredeten Zeit zu Hause ist. „Komm mal zu Frauchen!“, rief ich neulich
unserem Kater zu. „Das ist mein Kater“, sagte unsere Tochter
bestimmt. „Ich bin sein Frauchen und du bist … du bist sein
Omchen.“
Na, immer
fröhlich bleiben
Uta