Dienstag, 28. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 17: Reifen dürfen



Als ich die Entwicklung der Narzissen auf meinem Bilderbord sah, ...




wurde mir wieder klar, welche große Rolle Reifungsprozesse bei Blumen wie bei Kindern spielen.

In meiner weitläufigen Verwandtschaft gibt es einen Vierjährigen, der schon lesen kann, aber noch nicht trocken ist.
Prinzessin hat sich Schleifebinden selbst beigebracht, als sie noch nicht einmal vier war. Zum Malen aber war sie kaum zu bewegen.
Von Kronprinz haben wir ganze Kartons voller Zeichnungen, voller selbst gebauter Flugzeuge und wunderschöner Geschichten. Aber Dinge wie Aufräumen, früh Einschlafen, Am-Tisch-sitzen-Bleiben waren ihm kaum beizubringen.

Kinder haben einen eingebauten Entwicklungsmotor, sagt der Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer. Und da gibt es keine Serienanfertigung. Jedes Kind trägt einen Motor in sich, der ein unverwechselbares Einzelstück ist. Wir Erwachsenen haben nur die Aufgabe, für bunte Möglichkeiten zu sorgen. Die Kinder nehmen sich, was sie in bestimmten Phasen ihrer Reifung brauchen.

Mit Radfahr-Training wollten mein Mann und ich bei Prinzessin ähnlich verfahren wie bei ihrem Bruder. Man nehme ein kleines Fahrrad, einen Gürtel und eine ruhige Sackgasse. Man setze das Kind auf den Sattel, schlinge ihm den Gürtel locker um den Bauch, rede ihm gut zu und die erste wackelige Fahrt beginnt.

Nicht so bei Prinzessin. Sie war nicht dazu zu bewegen, an unserem Trainingsprogramm konstruktiv teilzunehmen.
Wenige Wochen später beobachtete ich Prinzessin in unserem Garten. Sie hatte sich das kleine Fahrrad auf den Rasen geschoben und war damit beschäftigt, Spielsachen auf den Gepäckträger zu klemmen und eine Puppe in den Korb am Lenker zu quetschen. Sie war ganz versunken darin, das Rad mit Dingen zu beladen und wieder zu entladen. Zwischendurch stieg sie selber auf und wieder ab. Und am Abend setzte sie sich auf den Sattel und fuhr einfach los. Noch Fragen?

Zurück zu meiner kleinen Narzissen-Klasse im Wohnzimmer. Die fünf Blumenkinder wurden in der gleichen Stunde in Wasser eingeschult. Auch die Zuwendung der Sonne war auf alle Fünf gleich verteilt. Und trotzdem zeigten sich diese Unterschiede.

Der Schweizer Remo H. Largo, Arzt und Spezialist für die Entwicklung von Kindern, hat in Untersuchungen festgestellt, dass es innerhalb einer Klasse Reifungsunterschiede von bis zu drei Jahren gibt. (Remo H. Largo, Martin Beglinger: Schülerjahre.)
Zum Beispiel: Der siebenjährige Tom kann schon rechnen wie ein Achtjähriger, während der siebenjährige Lasse das Zahlenverständnis eines Fünfjährigen hat. Dafür schießt Lasse wahrscheinlich Tore wie Gerd Müller, während Tom kaum einen Ball trifft.

Das sollten wir uns klar machen, wir Mütter, die unter der furchtbaren Krankheit "Vergleicheritis" leiden. Schaut Euch diese Blumenkinder an Tag 5 an und






bleibt immer schön fröhlich.

Uta






Montag, 27. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 16: Unzurechnungsfähigkeit


Als Studentin hatte ich folgenden Satz des Publizisten Johannes Gross an meiner Pinnwand hängen:

Sobald Menschen Eltern werden, ist eine gewisse Unzurechnungsfähigkeit in Bezug auf ihre Kinder bei ihnen festzustellen. Aber nicht verkehrt. Menschen brauchen ein oder zwei andere Menschen, auf die sie sich hundertprozentig verlassen können. Und das müssen Eltern für ihre Kinder sein. 

(Ich habe den Schnipsel, den ich damals aus dem FAZ-Magazin ausgeschnitten hatte, nicht wiedergefunden. Deshalb kann es sein, dass ich es nicht Wort für Wort korrekt erinnere. Sorry Johannes Gross.)

Die Unzurechnungsfähigkeit hat das Zeug, uns Eltern wirklich glücklich zu machen. Und die Kinder gleich mit.

Im Zickenkrieg (hier) stehe ich natürlich hundertprozentig hinter Prinzessin. "Ja, aber deine Kinder sind ja auch keine Heiligen", sagte eine Mutter mal zu mir. Natürlich nicht, ..... obwohl bei Prinzessin und Kronprinz würde ich sagen ... siehe Unzurechnungsfähigkeit.

Nein, sie sind keine Heiligen. Aber wenn Prinzessin mit Kummer aus der Schule kommt, bin ich erst einmal auf ihrer Seite, egal, was sie selber vielleicht angerichtet hat.

Versteht mich nicht falsch. Die Tatsache, dass ich zu meinem Kind stehe, bedeutet nicht, dass ich die anderen Kinder für böse, heimtückisch oder durchtrieben halte. Oder dass ich mein Kind für besser halte als alle anderen ... obwohl im Fall von Prinzessin ... siehe Unzurechnungsfähigkeit. 

Wenn auch die Eltern von Marie, Ella und Lisa und wie die anderen Zicken alle heißen, hundertprozentig unzurechnungsfähig hinter ihren Töchtern stehen, 

wenn wir alle unsere Kinder darin unterstützen, ihre Konflikte aus eigener Kraft zu lösen,

wenn wir die Kraftspender im Hintergrund sind und uns sonst raushalten*,

dann haben wir wunderbare Zickenkriege, aus denen die Mädchen gestärkt hervorgehen. Oder?  

*Damit wir uns richtig verstehen: Ich meine hier die alltägliche Zickerei. In Fällen tiefster Demütigung oder Gewalt, muss ich mich als Eltern natürlich einmischen. Ich glaube aber, wenn wir so verfahren wie oben beschrieben, leisten wir einen Beitrag dazu, die wirklich schlimmen Dramen zu verhindern.

Und jetzt die Taschentücher herausholen und das rührendste Beispiel elterlicher Unzurechnungsfähigkeit anschauen, das ich kenne.


Immer schön fröhlich weinen


Uta 


PS: Danke, Isa, für den Hinweis auf diesen Film und auch sonst.

Samstag, 25. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 15: Zickologie


"Wenn du mich heute fragst, wie es war", sagte Prinzessin (11) gestern nach der Schule und schleuderte ihren Rucksack in die Ecke, "dann kann ich nur sagen: bescheiden, äußerst bescheiden."

Ich dachte: "Oh, je, die Englischarbeit versiebt." Aber nein, für Prinzessin hat das Zwischenmenschliche Priorität. 
Fächer und Zensuren sind für sie lästiges Beiwerk des schulischen Lebens. Als wir beide vor Weihnachten mit dem Klassenlehrer bei einem "Lernzielgespräch" zusammen saßen, fanden wir Erwachsenen einige Punkte, in denen sie sich verbessern könnte. Diese Punkte wurden von Herrn T. auf dem Lernzielformular notiert. Herr T. und ich lächelten uns an. Er setzte seinen Namen unter die neuen Lernziele. Freudig zückte auch ich den Stift und Prinzessin sagte nur: "Ne, das unterschreibe ich nicht."

Nur damit Ihr wisst, mit wem wir es zu tun haben.

Ihr Kummer am Mittag hatte also seine Ursache im Zwischenmenschlichen, bei Mädels kurz "Zickenkrieg" genannt.

Zwei Freundinnen, erzählte Prinzessin, hätten sie den halben Tag geschnitten und wenn Prinzessin etwas gesagt hätte, hätten Lisa und Marie sich nur angeguckt und hätten die Augen gerollt. Und Lisa hätte gesagt, dass Ella gesagt hätte, dass die neue Uhr von Prinzessin völlig uncool sei. Und Ella hätte gesagt, dass Prinzessin gesagt hätte, dass sie in Wirklichkeit gar nicht bei Lisa hätte übernachten wollen. Und Ella fände es doof, dass Prinzessin zu feige sei, die Wahrheit zu sagen ...

In den Augen von Prinzessin stand das Wasser wie auf einer Eisfläche, die frisch präpariert wurde.

Was tun in einer solchen Situation?

Hier ein Auszug aus meinem kleinen Lehrbuch "Zickologie".




1. Körperkontakt suchen, sich kuschelig aufs Sofa setzen, in den Arm nehmen und erzählen lassen. 50 Prozent des inneren Drucks sind schon mal weg, wenn alles aus einem herausplatzen darf.

2. Trösten, den Kopf kraulen, streicheln, sagen, dass man verstehen kann, wie äußerst bescheiden dieser Schultag war.

3. In der ersten Wut kann Mama zusammen mit Prinzessin Dampf ablassen. "Diese blöde Zicke!" Und, wom, kriegt das Sofakissen unseren linken Haken zu spüren. "Und hier hast du noch einen und noch einen." Jetzt haben wir es der Kissen-Zicke aber gezeigt. Prinzessin kann wieder lachen.

4. Aber dann muss gut sein. Nicht als Mama oder Papa gegen andere Kinder hetzen.

5. Und vor allen Dingen nicht bei anderen Eltern anrufen, um die Situation zu "klären". Es ist der Konflikt der Kinder. Raushalten! Ich habe schon Zickenkriege erlebt, nach denen die Mädchen sich am anderen Tag wieder vertragen haben, aber die Mütter bis heute kein Wort mehr mit einander reden. 

6. Zusammen überlegen, was Prinzessin das nächste Mal in solch einer Situation sagen oder tun könnte.

7. Sich nicht länger aufhalten bei dem, was sich ereignet hat oder was alles gesagt wurde. In die Zukunft schauen, immer vorwärts gerichtet.

8. Dem Kind die wichtigsten Grundsätze zur Vermeidung von Zickenkrieg vermitteln:


  • Kläre Probleme direkt mit der Person, die sie betreffen. 
  • Sprich nicht mit Dritten darüber.
  • Wenn du nichts Positives über jemanden sagen kannst, halte einfach die Klappe.

9.   Wir holen Goldfolie aus dem Keller und basteln uns Heiligenscheine.


Dies ist das Programm, wenn viel Wasser auf der Eisfläche steht. 

Wenn eine Tochter jeden Tag mit solch einem Thema kommt, unbedingt den Aufwand herunter fahren. Sie würde sonst lernen, dass sie immer bei Problemen Aufmerksamkeit bekommt, und wir ziehen uns eine Drama-Queen heran. Dann lieber eine gute Zeit mit dem Kind verbringen und gar nicht groß in das Thema einsteigen.


Immer schön fröhlich bleiben

Uta

Donnerstag, 23. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 14: Eltern in echt


Gestern Abend saß ich mit mehreren Eltern zusammen, und es kam ein Gespräch über das Abitur in Hamburg auf. Ein Vater erzählte, man könne über zusätzliche Kurse in Spaßfächern seinen Abischnitt verbessern, der andere bestritt es vehement. Der Sohn des Spaßfächer-Befürworters will Artist und Feuerspucker werden, die Söhne des anderen stehen am Anfang einer Ingenieurslaufbahn.

Da wurde mir wieder klar, dass es zwei Sorten von Eltern gibt: die Hardliner und die Luschis.

Ich habe zu dieser Abifrage kaum etwas gesagt. Mir wäre sicher rausgerutscht, dass ich gegen ein Abitur in Kunst, Glücksforschung, Trampolinspringen und Suaheli nichts einzuwenden hätte. Aber ehe sich mein Luschitum in Gänze offenbart hätte, bin ich lieber heim in meine Luschi-Familie gefahren.

Mein Mann und ich, wir ergänzen uns prima.
Wenn ich die "Habe-für-alles-Verständnis"-Mutter bin, poltert er dazwischen.
Wenn er den Kumpel-Vater gibt, dann soll mich die Brut aber mal kennen lernen.
Und wenn ich merke, wir sind beide in Weichspüler gefallen, dann raune ich ihm zu: "Du, jetzt ist Potenz-Kommunikation gefragt."

Obwohl in jedem von uns beiden auch ein kleiner Hardliner sitzt, reicht es in der Summe nicht, um auf Elternabenden in der Hardliner-Fraktion aufgenommen zu werden.

Wir müssten uns dann darüber beklagen, dass andere Klassen in Mathe weiter sind als die Klasse unseres Kindes.
Wir müssten uns über Unterrichtsausfall beschweren.
Und wir hätten unterschreiben müssen auf der Liste gegen den Referendar, der im Orchester zu lange die Instrumente stimmen ließ.
(Der Kronprinz schätzte den Referendar genau aus diesem Grund. Er konnte dann noch Schiffeversenken spielen mit dem Posaunisten.)

Hardliner-Eltern werden jetzt kommentieren, dass das nicht lustig ist.

Im vergangenen Frühjahr sorgte das Buch "Die Mutter des Erfolgs. Wie ich meinen Kindern das Siegen beibrachte" von Amy Chua für Aufsehen. Die chinesisch stämmige Amerikanerin beschreibt darin, wie sie ihre Töchter zu stundenlangem Klavier- oder Geigeüben zwingt. Nicht mal zur Tolilette dürfen sie zwischendurch. Einmal hat die "Tiger-Mom" eine für sie bestimmte Geburtstagskarte zerrissen, weil sie fand, dass eines der Mädchen sich nicht genug Mühe damit gegeben hatte.

Nachdem ich das Buch gelesen hatte, konnte ich der Tiger-Mom in einem Punkt recht geben:
Wenn ich hohe Anforderungen stelle, liegt darin auch ein großes Zutrauen in die Fähigkeiten meines Kindes. Ansonsten fand ich es einfach nur krank, welche furchtbaren Kämpfe diese Frau mit ihren Kindern ausficht.

In der "ZEIT" las ich bald darauf ein Interview mit Jesper Juul, dem dänischen Familientherapeuten, und mit Bernhard Bueb, ehemaliger Leiter des Eliteinternats Schloss Salem und Autor der Streitschrift "Lob der Disziplin". Zwei Pädagogen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Der liberale und der autoritäre Typ.

Und so äußerten sich beide über die "Tiger-Mom":

"Juul: Alle Kinder kommen ja aus Familien mit gewissen Schwierigkeiten, das ist nichts Neues und nichts Besonderes - wir können unseren Kindern nicht alles geben. Mit uns erwachsen zu werden, tut auch weh. Sehen Sie sich Frau Chua an, die Tiger-Mom.


ZEIT: Sie meinen die chinesischstämmige Amerikanerin, die ihren Kindern droht, die Kuscheltiere zu verbrennen, wenn sie nicht gehorchen, ...


Juul: Ja, sie ist eine ausgezeichnete Mutter.
Bueb: Das glaube ich auch.


(An dieser Stelle fiel die Bloggerin in Ohnmacht.)



ZEIT: Ausgerechnet Amy Chua?


Juul: Ja, weil diese Frau genau das gemacht hat, woran sie glaubt. Sie hat sich mit ihrer Persönlichkeit und ihren eigenen Wertvorstellungen sehr stark in die Erziehung ihrer Kinder eingebracht, sie hat sehr viel Zeit investiert, sie war da, sie war dabei.


ZEIT: Weil sie in ihren extremen Anforderungen an ihre Kinder authentisch blieb, lassen sich Drill und Bestrafungen rechtfertigen?


Juul: Ja, Erziehung funktioniert nur über Authentizität. Richtig ist das, woran man wirklich glaubt. 


ZEIT: Lässt sich Authentischsein denn erlernen? 


Bueb: Ich glaube nicht, denn authentisch, also glaubwürdig, sind Menschen, die ein starkes Selbstwertgefühl besitzen, weil sie zu ihrer Person Ja sagen können. ... Wenn Eltern und Lehrer es nicht schaffen, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein, kompensieren sie das oft mit einem autoritären Erziehungsstil und zeigen sich unfähig, Konflikte auszuhalten. Leidtragende sind dann die Kinder. 


Juul: Wenn wir die Eltern nicht dazu anregen können, authentisch zu sein, dann müssen die Kinder dafür bezahlen. Kein Internat, kein Sportverein kann die Authentizität einer Familie ersetzen."


(aus: Die ZEIT, 10/2011) 


Ein Hardliner bleibe also bitte ein Hardliner, ein Luschi bleibe bitte ein Luschi. Wir Eltern sollten uns gegenseitig so lassen wie wir sind. Wir sollten nur immer daran denken, unseren Kindern keine Rolle vorzuspielen, die wir nicht ausfüllen können.

Immer fröhlich und authentisch bleiben

Uta













Mittwoch, 22. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 13: Tiersendungen


Mein Mann guckt mit den Kindern seit Jahren jeden Dienstagabend eine Tiersendung im Fernsehen. Ich bin dann beim Stepp-Tanz. Das ist eine andere Glücklichmacher-Folge.

Tiersendungen machen meinen Mann glücklich. Mit Prinzessin im Arm auf dem Teppich liegen und mit Kameraleuten durch irgend ein Gebüsch dieser Welt kriechen - mehr braucht es nicht.

Aber bitte, liebe Autoren von Tierdokumentationen, gebt weder dem Elefantenbaby noch der Gnukuh einen Namen.
Ich mag es im Leben persönlich, aber nicht in Tierfilmen.

Neulich ging ich nicht zum Tanzen, sondern vertrat meinen Mann auf dem Teppich neben Prinzessin. Thema auf dem Bildschirm: Zebramangusten, auch Mungos genannt, in Tansania.


Zeichnung aus "Das große illustrierte Tierbuch" von Hans-Wilhelm Smolik, Gütersloh 1975


Im Mittelpunkt der kleine, halbblinde Kisu. Sommer, Herbst und Winter gehen ins Land. Kisu überlebt Hungersnot und Dürre. Aber eines Tages - dramatische Filmmusik - schleicht sich ein Löwe an. Klein-Kisu schaut mit trüben Äuglein aus einer Erdhöhle, die Pfötchen auf der pyknischen Brust. Die Hitze Afrikas flirrt über die weite Ebene unseres Flachbildschirms. Seine Tiefenschärfe, teuer bezahlt, macht mich fertig.

Über Kisus Erdhöhle kreisen die Geier. "Bleib drin Kisu!" Der Kleine kann ja nicht gucken, wird jeden Moment in sein Verderben trippeln. Prinzessin und ich reißen Teppichflusen aus, krallen uns in die Kissen auf unseren Bäuchen. "Bleib in der Höhle, Kisu, schmier dir ein Nutella-Brot. Mama kommt sicher bald."

Die Filmmusiker am Kontrabass geben alles, der Löwe setzt zum Sprung an, ich hechte zur Fernbedienung, um dem Blutbad zuvor zu kommen. Aber dann kommt Odo, der Chef des Rudels. In letzter Sekunde rettet er unseren Kisu.

Odo, unser Held.

Mein Mann sagt immer, dass man im Leben für alles einen Preis bezahlt.

Für Odo stimmt das. Er lässt sein eigenes kurzes Mungo-Leben für Kisu. Der Löwe zieht davon, den blutenden Odo zwischen den Zähnen, die Geier im Gefolge.

Bis in ihr Zimmer schafft Prinzessin es noch. Dort bricht sie in Tränen aus. "Ich hasse Wildkatzen ... " - Beben des Unterkiefers. "Ich werde alle Raubvögel abschießen!" Haltloses Schluchzen. "Ich hasse es, dass die Natur so ist!"

Also bitte nächstes Mal, liebe Tierfilmer, macht Kisu, Odo und den anderen putzigen Mungos einen Balken ins pelzige Gesicht, nennt sie bei ihrem lateinischen Gattungsnamen ("Hier sehen wir wieder eine Spezies der Gattung ...") und lasst diese "Jenseits-von-Afrika"-Tonspur weg.

Immer schön sachlich bleiben

Uta

Dienstag, 21. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 12: Die dicken Steine zuerst


In seinem Hörbuch "Der Weg zum Wesentlichen" beschreibt Stephen R. Covey eine Zeitmanagement-Idee, die ich so eindrücklich fand, dass sie mir nicht mehr aus dem Kopf geht.

Passt in dieses Glas noch mehr hinein?





Nein, mehr dicke Steine passen nicht hinein, aber ...






es passen noch Kieselsteine hinein. Jetzt ist es aber voll, oder?






Nein, Sand sickert noch durch und Wasser könnte ich auch noch hineingießen.

Was aber wäre gewesen, wenn ich mit Sand und Kies begonnen hätte?

Dann hätte ich die dicken Steine nicht mehr rein bekommen. 

Es kommt auf die Reihenfolge an.

Was wollen uns Covey und die Bloggerin damit sagen?

Ich muss auch im Leben den dicken Steinen Priorität einräumen. Ich muss mich immer mal wieder fragen: Was ist mir wichtig? Was sind meine Grundwerte?

Ich sage Euch meine dicken Steine:

* erfüllte Partnerschaft mit meinem Mann
* intensives Erleben unserer Kinder
* Schreiben und veröffentlichen

Am Sonntagmorgen wollte ich Laufen gehen (Kategorie "Kieselstein") und wollte noch für den Besuch unserer Freunde Kuchen backen (Kategorie "Sand", weil Kuchen könnte ich notfalls kaufen, die Freunde gehören aber zur Kategorie "dickerer Stein").
Prinzessin war aber auch schon wach und wollte mir etwas erzählen (Kategorie "Findling"). Also schmiss ich Sand und Kiesel wieder raus und setzte mich mit unserer Tochter auf dem Schoß in den Lesesessel. Sie erzählte, ich strich ihr die Haare aus dem Gesicht, wir schwiegen, schauten den Vögeln draußen zu, ich streichelte ihr Ohr. Kein Blick auf die Uhr, kein Wecker in der Nähe, keine Deadline (=Todeslinie). Leben im Jetzt, einfach nur schön.

Auf diese Weise erfüllt, flutschten Kiesel und Sand nur so durch. Wir wurden mit noch mehr nettem Besuch beschenkt, schafften in Teamwork eine Schokotorte, Gartenarbeit und einmal Durchsaugen.

Diese Erfahrung mache ich immer wieder. Wenn ich die dicken Steine zuerst hineinlege, gibt mir das so viel Kraft, dass andere Dinge locker nebenher erledigt werden können.

Klar gibt es wichtige Mails, die sofort beantwortet werden müssen, klar muss ich im Job Termine einhalten und auf Anrufe reagieren, klar muss das Geld für die Klassenreise überwiesen und das Auto zur Inspektion gebracht werden.
Häufig aber verlieren wir uns in Dingen, die zwar dringlich, aber nicht wichtig sind, dann gehen wir darin unter wie in Treibsand.
Und manche Menschen haben nur Sand und Kleinstkiesel in ihrem Leben und können vielleicht mal graben, ob sie darunter ihre dicken Steine finden.

Es hilft ungemein, sich in der Familie, im Beruf und im Leben überhaupt zu fragen:
Was sind meine dicksten Steine?

Immer schön fröhlich bleiben

Uta
















Montag, 20. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 11: Der Mann von der Hotline


Ich wollte heute Morgen bloggen und kam nicht ins Internet. Das Telefon war auch tot.

Ich muss sagen, ich habe kein Vertrauen in Hotlines von Internet-Providern.
Im Auto haben wir neulich "Die Kinder des Dschinn" von P.B. Kerr gehört. In der Geschichte betreibt eine verbrecherische Sekte ein Call-Center, das Anrufer bei Computerproblemen systematisch in die Verzweiflung treibt. So wollen sie die Weltherrschaft an sich reißen. Seither fühle ich mich in der Telefonschleife unseres Providers wie im Vorhof der Hölle.

Ein Bernd S. meldete sich. Ich nannte meine Kundennummer. Kaum hatte ich die nächste Luft geholt, hatte Bernd mein Problem auf dem Schirm.

"Das sieht doll aus, ist alles tot", sagte Bernd. "Genau, ich habe keine Verbindung zum Server." - "Ja, wirklich keine", rief Bernd begeistert, "so was habe ich auch noch nicht gesehen. Davon mache ich mir eine Kopie."

"Wie viele Telefonsteckdosen haben Sie?"
 Ich krabbelte mit Bernd unter den Schreibtisch. "Drei."
"Haben Sie einen DSL-Splitter?" - "D - S - L - S-p-l-i-t-t-e-r." Vor Schreck stieß ich mir den Kopf an der Schreibtischplatte. Ich raschelte mit Zetteln im Papierkorb und rieb die Sohle meines Hausschuhs am Tischbein. Bernd sollte denken, dass ich nur noch meine zusätzlichen Profi-Festplatten und die ganzen USB-Sticks beiseite schieben muss, um den Splitter zu finden.

"Bernd," sagte ich, "Bernd, ehrlich, ich weiß nicht, was ein DSL-Splitter ist." Wir waren jetzt bei der Wahrheit. Jetzt ging nur noch das "Du".

"Macht nichts. Da muss ein graues Kabel zwischen Fritzbox und einem Kästchen sein." Bernd kannte sich aus bei uns. Ich guckte vorsichtshalber über die Schulter, ob er nicht doch hinter mir stand. Aber da schlich nur die Katze herein und legte sich auf die Vertragsunterlagen.

"Das graue Kabel einmal rausziehen und auch von der Fritzbox den Netzstecker ziehen."

Wenn Bernd wüsste, dass es bei uns unterm Schreibtisch aussieht wie in den Rätseln in der "Apotheken-Umschau", wo drei Kinder ein Fadenende in der Hand halten und man muss herausfinden, welches Wollknäuel in dem Gewirr zu dem richtigen Kind gehört.
Ich zog den Netzstecker und die Schreibtischlampe ging aus. Ich zog einen anderen Netzstecker: finales Rauschen im Anrufbeantworter. Endlich gingen auch an der Fritzbox die Lämpchen aus.

"Alles Roger, Bernd!"
"Gut, jetzt müssen wir 30 Sekunden warten."
 "Sollen ich uns einen Kaffee kochen?"
Stille.
"He, das sollte ein Witz sein."

Bevor ich die Kabel wieder einsteckte, legte ich Bernd lieber neben den Hausschuh. Ich musste mich konzentrieren. Bernd hätte sicher kein Verständnis für die erste Fritzbox-gesteuerte Stehlampe gehabt.

"Das 'Power/DSL'-Licht blinkt." - "Das ist gut, das könnte klappen." - "Power/DSL" konstant, FON inaktiv, WLAN blinkt." Ich war sachlich und kompetent wie ein Co-Pilot kurz vor der Landung. Bernd war stolz auf mich, das hörte ich an seiner Stimme.

"Jetzt guck mal, ob du wieder ins Internet kommst." Ich tauchte unterm Schreibtisch auf.
"Jaaaaa!" Mein Blog leuchtete mir entgegen.

Lieber Bernd S. irgendwo da draußen in einem Callcenter. Heute hast du mir mein Blog und mein technisches Selbstbewusstsein zurückgegeben, heute warst du mein "Glücklichmacher". Hast du das auch auf deinem Schirm?

Immer fröhlich bleiben

Uta






Freitag, 17. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 10: Klare Ansagen


Gestern war ein Tag, da war ich "im Fluss". Jetzt will ich von vorgestern schreiben, da ging alles den Bach runter.

Ich darf das nicht unterschlagen. Sonst wird es zu harmonisch. Dann meldet sich "Frei Öl" bei mir und will bei mir Werbung posten mit Fotos von schwangeren Bäuchen.

Mitglieder dieser Familie hatten ungesund gelebt. Man hatte ganze Dosen voll mit Chips gegessen, zu wenig geschlafen und sich mehr in "Minecraft"-Welten bewegt als in der realen Welt. Man bekam Bauchschmerzen und Kopfschmerzen und sah sich nicht in der Lage, zum Instrumentalunterricht zu radeln oder Sport zu treiben.

Andere Mitglieder dieser Familie fanden das Versteck für die leeren Kohlenhydrate und plünderten es. Man jagte mit einer Freundin im Haus über Tisch und Bänke und benutzte Worte, die mir das Gefühl gaben, ich sei auf dem Kiez.

Bauch- und Kopfschmerzen können eine ernste Sache sein. Ich war aber nicht in Stimmung für die Florence-Nightingale-Nummer.


Nicht in Stimmung für die Nightingale-Nummer


Ich machte Apfelschnitz, um den leeren Kohlenhydraten die Stirn zu bieten. Ich holte eine Brotbackmischung aus dem Schrank, um ein Beispiel zu geben für ein sinnvoll werktätiges Mitglied dieser Familie.

Ich verhängte ein Medienverbot, setzte Fristen, baute noch Bananentürme zwischen die Apfelstücke ... und wartete.

"Ja, gleich", aus allen Zimmern. "Ja, gleich" bedeutet in der Praxis: in etwa einer Stunde. Als auch noch die Brotbackmischung abstruse Zeiten des Wartens und Gehenlassens von mir verlangte,  fasste ich einen Beschluss: Jetzt werden Grenzen gezogen, nein, Stracheldraht ausgerollt, Mauern gebaut,  Glasscherben einbetoniert.

Ich pfefferte die Backmischung zurück in den Schrank (soll der Teig doch weiß-ich-wohin gehen), las Liebesbotschaft und während ich nasse Wäscheklumpen in den Trockner feuerte, bereitete ich ein ernstes Gespräch für den Abend vor.

Dieses Gespräch wurde geführt. Mein Mann und ich machten deutlich, was alles für uns nicht geht:

* Von anderen Hilfe sofort zu erwarten, aber umgekehrt seine Liebsten in die "Ja-gleich"-Warteschleife zu schicken. Geht nicht.

* Die Maus zu bewegen statt sich selber. Geht nicht.

* Sich Mama gegenüber respektlos zu verhalten, weil das so cool ist vor den Freunden. Geht gar nicht.

* Verantwortungslos mit seinem Körper umzugehen, krank zu werden und so einen Vorwand dafür zu bekommen, seine Jobs nicht zu machen. Geht gar nicht.


Die Mitglieder der Familie, denen diese Ansagen galten, waren "not amused". Es wurde wütend und beleidigt dagegen argumentiert. (Wenn man sich nicht im Wäschekeller vorbereitet, fallen die Argumente allerdings nicht sehr überzeugend aus.) 

Und als das Gewitter vorbei war, sogen alle die frische Regenluft ein und waren glücklich.

 Ja, okay, die Kinder gaben sich noch eine Weile pikiert. Aber kennt Ihr das, dass man merkt, tief in ihrem Inneren finden sie es gut zu wissen, wo der Hammer hängt? Zumindest ab und an.

Der dänische Familien-Therapeut Jesper Juul sagt, dass Eltern für Kinder in der Pubertät "Sparringspartner" sein sollten. Erziehen könne man dann nicht mehr, aber eine Reibungsfläche bieten anstatt sich resigniert aus dem Erziehungsjob zurückzuziehen. Wenn man "Sparringspartner" ist, ist es zwar nicht immer kuschelig, aber die Nähe zum Kind bleibt erhalten.

Juuls Buch über Pubertät, aber auch seine anderen Werke sind sehr zu empfehlen. 

Immer schön fröhlich bleiben

Uta







Donnerstag, 16. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 9: Pumps und Frühlingsfrühchen


Ich zeige Euch jetzt, was passiert, wenn ich mir nichts abverlange, sondern "im Fluss" bin:

* Die Fleischereifachverkäuferin hat wieder die "Lufttrockene" aus ihrer hessischen Heimat mitgebracht und ich sichere mir 100 Gramm davon.

* Das Töpfchen Fleischsalat fällt aus dem Fahrradkorb und rollt auf die Straße. Ein Auto fährt drüber. Aber der Fleischsalat lag so mittig, dass er überlebt hat. (Achtung Autofahrer! Nicht nur auf ballspielende Kinder achten, sondern auch auf Mütter mit Fleischsalat!)

* Ich kaufe mir drei rosa Tulpen im Blumenladen. Die Blumenhändlerin packt sie mit so viel Liebe ein, als wären sie Babys. Sie sind ja auch: Frühlings-Frühchen.

* Im Second-Hand-Shop nebenan frage ich, ob die Schneehosen und Winterstiefel, die ich im Herbst gebracht hatte, verkauft worden sind. Sind sie: Ertrag 70 €. Und dann stehen da direkt neben der Kasse diese Pumps in MEINER Größe.




Sie kosteten 75 €, aber weil ich so im Fluss war, bekam ich sie für die 70 € vom Schneehosen-Verkauf.

Hat das etwas mit Kinder-Erziehung zu tun?

Ja, ganz viel. Denn wenn Mama glücklich ist, sind es die Kinder auch.

Die Persönlichkeitstrainerin Maria B. Craemer  hat mal sinngemäß gesagt: Wenn Du aus dem Sumpf von Sorgen und Ängsten aussteigst und Dich für ein Leben im Glück entscheidest, sind Deine Kinder die Ersten, die Dir in diesen schönen Garten folgen.

Immer schön fröhlich bleiben

Uta





Mittwoch, 15. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 8: Pickel-Rap und andere Albernheiten

Gestern Abend wollte ich Kronprinz, 14,  noch schnell "Gute Nacht" sagen.

"Der Tag ist nun zu Ende, ich falte meine Hände,
 ich freu mich schon auf Morgen, bei Gott bin ich geborgen." 

Das haben wir früher gebetet.

Seit einiger Zeit sammelt er sich bei You Tube. Deshalb haben wir das Ritual verändert. Ich fahre ihm wortlos durch die Haare, meine Finger die Zinken eines groben warmen Kamms.







Gestern aber war mehr vonnöten. Die bevorstehende Lateinarbeit drückte ihn tief ins Kissen. Er könne das alles nicht. "Woran soll man denn son blöden Ablativus absolutus erkennen?" 
Das gewaltige Brummen seiner neuen Stimme, drei Nummern zu groß für die Verzagtheit dahinter. 

Ich summte so vor mich hin, mir war nach Blödeln zumute

"Morgen ist der Tag Deiner Erleuchtung, morgen wird alles lei-ei-eicht." 

Ein schlechter Reim folgte dem anderen, dazwischen immer der Kronprinz mit dem vorwurfsvollen "Mamaaaa!" als Refrain. 

"Morgen ist alles wie verhext, denn perfekt kannst Du den Te-e-e-xt."

"Mamaaaa!

"In Latein bist du der Sta-a-ar, und das ist alles auch noch waahr."

Ich gab auf der Bettkante die "Voice of Germany". Dem Kronprinzen fielen auch noch ein paar furchtbare Zeilen ein. Und aus diesem "battle" von Mutter und Sohn wurde unser neuer Song "Morgen ist der Tag der Erleuchtung". 
Wir haben nicht "gecovert", alles selbst getextet. 

Legendär ist auch unser Rap-Song "Ich hab' nen Pickel am Po, ich weiß nicht wieso", entstanden in unserer Blödel-Frühphase.

Blödeln massiert das Zwerchfell, Blödeln macht glücklich. In den Zeiten von G8, in den Zeiten, in denen Teenager eine 40-Stunden-Woche haben, muss man sich mit Blödeln schadlos halten.

Eine der nachhaltigsten Kindheitserinnerungen, die ich von meiner Oma mütterlicherseits habe, ist der Tag, an dem sie in einer wilden Maskerade vor unserer Haustür stand. Kopftuch unter dem Kinn geknotet, die "Dritten" in der Tasche, den Besen zwischen die Beine geklemmt.
Eine anderes Mal kam sie und schenkte mir eine billige E-Gitarre. Das war pädagogisch nicht wertvoll, das war einfach was zum Rumblödeln.

Und immer sind da Spuren ...

Schön fröhlich bleiben


Uta














Montag, 13. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 7: Das Ende des Abverlangens


Am vergangenen Wochenende haben wir uns zuviel abverlangt. 

Ich habe unserem Sohn abverlangt, mit zu der Tanzaufführung seiner Schwester zu kommen. Mein Mann hat sich abverlangt,  mit den Kindern zum Alstereisvergnügen zu fahren, obwohl er in letzter Zeit so viel gearbeitet hat. Er war so erschöpft, dass die Kinder ihn besser in einem Schlitten mit Lammfellsack und einem "Coffee to slide" über das Eis hätten ziehen sollen. Ich hatte mir abverlangt, lange zu bloggen, weil ich zwei Tage nicht gebloggt hatte. Unsere Tochter hat dem i-pad zuviel abverlangt. Es war schließlich zu schwach anzuzeigen, dass es zu schwach ist.

Wenn man sich zuviel abverlangt, wird man böse.

Man kann nicht ertragen, dass die anderen sich nicht auch ordentlich etwas abverlangen. So nötigte ich die Katzen, die alten Lecker unter dem Türritz aufzufressen, die Prinzessin, Mathe zu üben und den Kronprinzen, nachts im eisigen Keller Katzenkot zu schürfen.

Schließlich lief jeder mit einem Mangel an Freude herum.

Wenn man zu viele Dinge aus der Kategorie "sich abverlangen" tut, läuft es wie verstopft. Das Universum oder Gott will nicht, dass wir Dinge ohne Freude tun.

Mein Mann und meine Schwester Nummer 3 hassen beide den öffentlichen Nahverkehr. Wenn sie sich abverlangen, Zug oder Bus zu fahren, gibt es eine Betriebsstörung, kaum dass sie sich Gleisen nähern.

Wenn ich den Moment ignoriere, in dem ich dringend bloggen muss, und mir stattdessen abverlange, einkaufen zu gehen, gibt es keinen Parkplatz, keinen Einkaufswagen, keine Esz-Schnitten mehr.

Dabei kann man bei allem Spaß haben, wenn man nicht zu sehr ins graue "Abverlangen" gerät. Ich bügele zum Beispiel nur, solange ich Freude daran habe. Warum sollte ich die letzten beiden Teile im Korb auch noch fertig machen, wenn es mich fertig macht. Schließlich kann ich mich darauf verlassen, dass bald neue Teile dazu kommen. Ein anderes Mal bügele ich wie im Rausch sogar die Schleifenbänder von Weihnachten, versprochen.

Kronprinz und ich hatten neulich beim Lateinabfragen Spaß. "He, es heißt "laudabimini", nicht "laudibomani"! Wie lustig sind denn diese Wörter. Wir haben uns neue Formen ausgedacht. Kann sein, dass Filius (filii, filio, filium ...) in der Arbeit etwas verwirrt war. Aber vielleicht ist die neue Lateinlehrerin aufgeschlossen für kreatives Konjugieren.

Achtung! Heute Abend läuft auf ARTE um 20:15 Uhr "Happy-Go-Lucky: Gute Laune ist ansteckend". Hier noch einmal ein Vorgeschmack.

Immer fröhlich bleiben

Uta






Sonntag, 12. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 6: Das Ende des Geschwisterstreits

Dieser Blog hat ein Ziel: Eltern sollen mit seiner Hilfe "entspannlich" leben können. "Entspannlich" ist eine Wortschöpfung unseres Sohnes, als er drei Jahre alt war. Ich saß im Zimmer bei Kerzenschein und Kaffee und er sagte: "Hier ist es aber entspannlich, Mama."

Ich bin in mich gegangen und dort auf ein Thema gestoßen, das Eltern am häufigsten die "Entspannlichkeit" raubt: Geschwisterstreit. Ist Euch aufgefallen, dass es oft die liebenswertesten Eltern sind, die sich mit diesem Problem herumschlagen? Eltern, die Bücher lesen wie "Das Zwiegespräch, Büchsenöffner für die Seele" oder "Therapie des Umarmens". Sie haben noch nicht das Vorwort zu Ende gelesen und im Haus ist ein Geschrei, als würde "Stirb langsam, Folge zwei" gedreht.

Dafür gibt es eine Lösung. Es gibt für wenige Erziehungsfragen wirklich eine Lösung, aber wenn man eine weiß, darf man damit nicht länger hinterm Blog halten.
Also was echt funktioniert, ist: RAUSHALTEN.

Ja, mischt euch nicht ein. Macht den Kindern klar, dass euch eure Zeit zu schade ist, um den Schlichter zu spielen. Nehmt euch ein gutes Buch und Ohrenstöpsel und schließt euch im Bad ein oder geht spazieren. Ich bin mir sicher, nach eurer Rückkehr herrscht Frieden. Bei Streit im Auto bin ich früher an den Rand und erst weiter gefahren, wenn das Scharmützel auf der Rückbank vorbei war.

Für Kinder ist Streit eine verlockende Möglichkeit herauszufinden, auf welche Seite sich Mama oder Papa schlagen. Tappt nicht in diese Falle. Meistens kennt man die Vorgeschichte nicht und ist auf wackelige Zeugenaussagen angewiesen, um den Sachverhalt beurteilen zu können.

Im Urlaub habe ich Folgendes belauscht: Tom, sechs Jahre alt, baute eine Autobahn in der Sandkiste. Gerade war ein gewagter Alpenpass festgeklopft worden, als Theresa, 4, der Schrecken aller Straßenbauer, mit einem Stock tiefe Löcher in das Fundament bohrte. Der Bauleiter riss ihr den Stock weg, die Kleine rannte heulend zur Mutter. "Toooom, hat mir den Stock weggenommen!" Schnappatmung, sandige Tränenrinnsale auf beiden Wangen, das ganze Programm.
Was jetzt kommt, haben wir alle schon gemacht: Mutter marschiert genervt zu Tom, sagt einen der Ich-habe-dir-schon-tausendmal-gesagt-Sätze. Jetzt heult Tom, wirft mit Sand. Mutter schleift ihn hinter sich ins Haus. Klein-Theresa sitzt selbstzufrieden in den Trümmern des alpinen Autobahnkreuzes.

Bei einer Mutter, die an Gerechtigkeit glaubt, hätte das noch länger gedauert. Sie hätte klären wollen, wer angefangen hat, hätte Tom gepredigt, er müsse Rücksicht nehmen, weil die Schwester kleiner, schwächer, ein Mädchen sei ... was auch immer. Das Ergebnis wäre das Gleiche gewesen. Nur Theresa hätte gelernt, welche immensen Vorteile diese Opfer-Nummer hat.

Auch der amerikanische Psychologie-Professor Wayne Dyer rät, sich aus Streitigkeiten der Kinder konsequent herauszuhalten und sich an einen ruhigen Ort zu begeben. „Tun Sie dies zwei Wochen lang und Sie werden feststellen können, dass man Sie nicht ständig damit überfällt, jede kleine Meinungsverschiedenheit in Ihrer Familie schlichten zu müssen.... Die überragende Mehrheit dieser Auseinandersetzungen findet Ihretwillen statt, und Sie sind der Leidtragende, wenn Sie in diese Falle tapsen. Zeigen Sie allen Beteiligten, dass Sie sich für zu wichtig halten, als dass Sie hinter kleinen Kindern herlaufen und ihre ganzen Bewegungen beobachten, so dass Sie darüber entscheiden können, wer was falsch gemacht hat und wer nicht.“ (aus Wayne W. Dyer: Glück der positiven Erziehung, gibt es nur noch gebraucht und zwar hier)

Was wollt ihr auch tun, um zu richten? Wollt ihr den kleinen Täter auf die Bibel schwören lassen, um der Wahrheit näher zu kommen, und das Mädchen, das gepetzt hat, ins Zeugenschutzprogramm aufnehmen?

Die Schwedin Anna Wahlgren schreibt, dass sie ihren Kindern bei jeder Gelegenheit unter die Nase hält, wie toll es ist, Geschwister zu haben und wie blöd, sich gegenseitig zu zerfleischen. Sie empfiehlt, kleine Kinder zusammen in einem Zimmer unterzubringen und lieber ein Schlafzimmer und ein Spielzimmer einzurichten, als jedem ein eigenes Zimmer zu geben. Sonst würde man ihnen von Anfang an so ein Territorialverhalten angewöhnen. "Das ist meins!" - "Hier darfst Du nicht rein!" Erst zu Beginn der Pubertät sollte man den Kindern eigene Zimmer geben, weil sie dann Rückzugsräume bräuchten. (Anna Wahlgren: Das Kinderbuch, wie kleine Menschen groß werden. Weinheim und Basel 2004) 

Für uns kam der Tipp leider zu spät. Ein bisschen davon praktiziere ich, indem ich mit meinen Sachen nicht so "territorial" bin. Prinzessin und ich tauschen eifrig Nagellack aus, der Kronprinz benutzt meinen Computer, ich durfte seine Pistolen und Schwerter mit in den Elternkurs nehmen. Vielleicht haben wir nicht so viel "Mein"-"Dein"-Streit, weil wir im Umgang eine gewisse Großzügigkeit etabliert haben und weil die Kinder wissen, dass mir meine "Entspannlichkeit" viel wichtiger ist als irgendwelche Rechthabereien.

Immer fröhlich sich aus Geschwisterstreit heraushalten.

Eure Uta

Donnerstag, 9. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 5: Martha Beck

Eine steile akademische Karriere stand ihr bevor, sie dozierte an der Eliteuniversität Harvard und bekam als zweites Kind ihren Sohn Adam, einen Jungen mit Down Syndrom. Für Martha war bis dahin alles perfekt gelaufen, aber mit Adam im Bauch und dem Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung in der Hand, fiel alles zusammen, woran sie bisher geglaubt hatte.
Kurz vor Adams Einschulung sitzt sie mit dem Jungen einem Sonderpädagogen gegenüber, der Adams Schuleignung testen will.

"Nachdem ich beinahe dreißig Jahre meines Lebens verzweifelt bemüht gewesen war, jeden beliebigen Test zu bestehen, den das Erziehungssystem und die Gesellschaft mir vorlegten, muss ich immer wieder daran erinnert werden, dass das Ziel dieser ganzen Bemühungen ein glückliches Leben ist. Und um das zu erreichen, gibt es oft direktere Wege, als sich den strengen Standards anzupassen, die die Gesellschaft gesetzt hat. ...
Jedem, der mir vor zehn Jahren erzählt hätte, dass ich eines Tages meine verbissenen Anstrengungen, den "normalen" Arbeitsanforderungen zu entsprechen, völlig aufgeben würde, hätte ich ins Gesicht gelacht. ... Im Leben nur nach Freude zu streben, wäre mir als Wahnsinn, wenn nicht als Blasphemie erschienen. Aber als ich ein paar Jahre mit Adam zusammengelebt hatte, fand ich diese Idee so überzeugend, dass ich Berufsberaterin wurde. Eine ziemlich unorthodoxe Berufsberaterin, das stimmt. Ich bin immer wieder überrascht, wie meine Klienten reagieren, wenn ich vorschlage, sie sollten lieber vielfältige Erfahrungen machen als nach Sicherheit streben. ...Und dann erinnere ich mich, dass ich trotz meiner jahrelangen Ausbildung das meiste, was ich über Glück im Leben weiß, von einem einzigen Menschen gelernt habe, und der lehrt an keiner Universität. Er wäre beinahe nicht in die erste Klasse Grundschule zugelassen worden."

Die Stelle ist aus dem Buch "Martha Beck: Ein wunderbares Kind. Wie Adam mein Leben verändert hat. München 2000". Nach meinen Recherchen gibt es das nur noch gebraucht, zum Beispiel hier.

Diese Buch gehört zu denen, die ich immer mal wieder in die Hand nehme, um den Blick fürs Wesentliche nicht zu verlieren.

Immer fröhlich bleiben

Uta


Mittwoch, 8. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 4: Dienst an der Reiswaffel

Alle vier Wochen dienstags trinken Christiane und ich eine heiße Schokolade mit viel Sahne in der Teestube neben der Schule. Wenn wir keine Sahne mehr an der Oberlippe haben, treten wir unseren Dienst in der Schulkantine an.
Alle vier Wochen dienstags gehen meine Kinder nicht in die Schulkantine. Zwar schätzen sie meine Art, ungezwungen mit ihren Mitschülern ins Gespräch zu kommen, aber sie finden, dass mir die wadenlange Schürze nicht steht. Sie müssen auch nicht dabei sein, wenn ihre Mutter kopfüber in der Tiefkühltruhe steckt, weil sie das Flutschfingereis nicht findet. Das müssen sie nicht haben, wirklich nicht.

Weil sie nicht kommen, erleben sie nicht unseren schrecklichsten Moment, den Moment "Mathelehrer in Menüschlange". Wir können noch so im Dampf der Tortellini stehen - Herrn Maier-Rohlinger (Name von der Bloggerin geändert) wittern wir sofort. Er ist der Mathelehrer von Christianes Tochter und von meinem Sohn. Wohlgemerkt ist er ein guter Mathelehrer, aber das macht die Sache nur noch schlimmer. Gestern wollte er eine Bockwurst mit Brot, ohne Senf und wollte den Preis der Wurst mit dem Pfand für den Kaffeebecher verrechnet haben, den er zurückgebracht hatte. Den neuen Kaffee, den er bestellte, wollte er in Begleitung der längsten Praline der Welt genießen. "Und das macht?" Ja, was macht das denn? "Mathelehrer in Menüschlange" lässt unseren linken Schläfenlappen ins Koma sinken.

Dabei haben Christiane und ich im Leben und in der Mathematik schon ganz andere Aufgaben gelöst. Locker könnten wir die Teuerungsrate unserer Schulkantine in Verhältnis setzen zur Preisentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Sobald Herr Maier-Rohlinger den Raum verlassen hat, rechnen wir das aus. Ganz locker auf so einem Pappdeckel von der Bockwurst. Aber dann ist er schon weg, der Mathelehrer. Und wir müssen weiter machen mit unserem Dienst an der Reiswaffel.





Was bleibt, ist ein neuer pädagogischer Lehrsatz: Mütter brauchen Rituale.

Lümmelt alle vier Wochen in einer netten Teestube rum und habt viel Spaß in der Schulkantine!

Immer fröhlich bleiben

Uta


Dienstag, 7. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 3: Poppy, die fröhliche Lehrerin


Mein Slogan "Immer fröhlich bleiben" ist ein Zitat aus dem Film "Happy-go-lucky: Gute Laune ist ansteckend" von Mike Leigh. Der ganze Film dreht sich um Pauline, von allen nur Poppy genannt. Poppy ist Anfang 30, Grundschullehrerin, und teilt sich mit einer Freundin eine kleine Wohnung in einem Londoner Vorort. Poppy nimmt das Leben leicht. Als sie nach einem Besuch in einer Buchhandlung feststellt, dass ihr Fahrrad geklaut worden ist, schmollt sie nur kurz: "Och, ich konnte mich gar nicht von ihm verabschieden."
Kein Fahrrad mehr, also nimmt sie Fahrstunden. Das wollte sie längst.
Für Fahrlehrer Scott ist Poppy, ihre hochhackigen Stiefel, ihre unzerstörbare Leichtigkeit die pure Provokation. Sie schaut nicht in die Seitenspiegel, sondern auf die Eichhörnchen. "Sattelschlepper von links!", brüllt Scott, um sie zu erschrecken. Dabei verliebt sich Poppy gerade in die Menschen in den Vorgärten.  Scott, vom Leben oder sonst wem enttäuscht, verliert mit Poppy im Auto seine so mühsam errungene Kontrolle über das Auto, den Verkehr und über sich selbst. Am Ende der Fahrstunde bringt er Poppy nach Hause. Mit hochrotem Kopf umklammert er das Lenkrad und Poppy schwingt sich mit einem "Immer schön fröhlich bleiben!"aus dem Auto.

Poppys Leichtigkeit hat nichts mit so einer Ballermann-Spaß-Mentalität zu tun, sondern entspringt einer tiefen Liebe zum Leben. Auf einem nächtlichen Fußmarsch unterhält sie sich mit einem Obdachlosen. Sie kümmert sich um einen Schüler, der von seinem Stiefvater geschlagen wird. Mit dem Sozialarbeiter, der ihr bei der Betreuung des Jungen hilft, hat sie bald darauf ein Date. Für Poppy gehört das alles zum Leben. Sie unterstützt ihre Schüler nach Kräften, käme aber nie auf die Idee mit einer "Ich-bin-ja-so-betroffen"-Miene durch die Gegend zu laufen.

Der Film war ein Überraschungserfolg auf der Berlinale 2008. Er hat so recht keine Handlung, aber mit Poppy durch den Alltag zu hüpfen, macht mich rundum glücklich. Hier guck mal rein.

Immer schön fröhlich bleiben

Uta

Montag, 6. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 2: "Spiritsapping"


Ich hatte neulich schon das Buch über entspannte Elternschaft "The idle parent" von Tom Hodgkinson erwähnt. Auch wenn wunderliche Dinge darin stehen wie zum Beispiel, dass Eltern die besten Erzieher seien, wenn sie leicht alkoholisiert sind, lohnt sich das Buch schon wegen seiner Umschlagillustration:



Die Flecken links sind nicht von meinem letzten Cocktail, sondern von denen des Vorbesitzers. Ich habe das Buch hier gebraucht gekauft.  

Auf Seite 25 habe ich eine Stelle entdeckt, die mich sehr beglückt. 

"Die entspannte Mutter", schreibt Hodgkinson, "meidet Arbeit eigentlich nicht . Im Gegenteil, wie auch der entspannte Vater, liebt sie sie. Eine Aufgabe ihrer Wahl, das ist es, unabhängige Arbeit, selbst gestaltete Arbeit, kreative Arbeit. Was sie vermeidet, ist diese schreckliche, Furcht einflößende, den Geist schwächende Erfindung des industriellen Zeitalters: der Vollzeitjob. Was sie meidet, ist die schreckliche Sklaverei des Angestelltseins. Für die entspannte Mutter geht es nicht um die Frage 'Gehe ich zurück in den Job oder bleibe ich zu Hause?'. Sie erkundet das weite und reiche Terrain zwischen diesen beiden unproduktiven Polen. Sie kreiert ihren eigenen Job, einen, den sie mitten im Leben mit ihren Kindern ausüben kann oder sie hört sogar für einige Jahre zu arbeiten auf. Und weil sie sich für beides bewusst entschieden hat, für die Arbeit und das Zusammensein mit ihren Kindern, genießt sie beides. Es ist unsere Gewohnheit, das Leben als eine Serie von Lasten zu betrachten, die man uns von außen aufbürdet. Diese Sichtweise erzeugt das Elend. Wenn wir einmal erkannt haben, dass wir freie und verantwortliche Kreaturen sind, werden wir von den Lasten befreit sein. Wir müssen den künstlichen Dualismus (zwischen Vollzeitjob und Vollzeitmutter, Anmerkung Uta) zerschlagen."


"...the idle mother does not actually avoid work. On the contrary, like the idle father, she embraces it. Work of her own choosing, that is, independent work, autonomous work, creative work. What she avoids is that terrible, fearful, spiritsapping invention of the industrial age: the full-time job. What she avoids is the terrible slavery of the corporation. For the idle mother, it is not a choice between 'going back to work' or 'staying at home'. She explores that vast and rich territory between those two barren poles. She creates her own job, one that she can fit around her children or even stop doing for a few years. And having made the conscious decision to both work an look after the children, she enjoys both. It is our habit of seeing life as a series of burdens imposed on us by outside forces that creates misery. Once we recognize that we are free and responsible creatures the burden is lifted. We must smash artificial dualisms."

"Spiritsapping" ist für mich das Wort des Tages. Wann immer wir merken, dass wir einer Arbeit nachgehen, die "spiritsapping" ist, die uns auswringt, unseren Geist austrocknet, den Körper schwächt, die Lebensgeister ausrottet, hören wir damit auf. Einfach so. Stop it!

Das geht nicht? Wohl! Zum Beispiel mit dem Pareto-Gesetz. Der italienische Wirtschaftswissenschaftler Pareto hat herausgefunden, dass wir 80 Prozent all unserer Resultate mit 20 Prozent unseres Einsatzes schaffen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir 80 Prozent unserer Energie völlig nutzlos vergeuden. Das macht einen doch ganz kribbelig, die goldenen 20 Prozent zu finden, oder? Die Antwort ist wie immer banal: Wir müssen das tun, was uns liegt. Dann sind wir effektiv.

Jetzt kommt noch ein Glücklichmacher, ein paar Worte des Ulmer Hirnforschers Manfred Spitzer:
"Das Glücksempfinden des Menschen hat gar nicht die Funktion, uns dauerhaft glücklich zu machen, sondern hat die Funktion, uns alles, was gut für uns ist, rasch aneignen zu lassen. Wir lernen also vor allem mit Freude und mit Glück, ..." (Manfred Spitzer: Kritik der Disziplin aus (neuro-)biologischer Sicht, S. 202 in: Micha Brumlik (Hg.): Vom Missbrauch der Disziplin. Weinheim und Basel 2007)


Also immer fröhlich bleiben, das ist so was von effektiv.

Uta


Freitag, 3. Februar 2012

Glückliche Familie Nr. 1: Mann und Eislaterne


Es gibt ja Weichmacher und es gibt Glücklichmacher. Weichmacher sind in Frischhaltefolie, Glücklichmacher sind in uns selbst und um uns herum. Ich werde jetzt jeden Tag einen Glücklichmacher vorstellen. Die Serie sollte eigentlich mit meinem Mann beginnen, aber als ich den Fotoapparat zückte, musste er dringend Schnee von den Autoscheiben fegen.
Also kommen die Eislaternen dran. Bei diesen herrlichen Frostnächten produziere ich jede Nacht eine Eislaterne. Dazu nehme ich eine spezielle Kunststoffform, die es zum Beispiel hier gibt, fülle sie randvoll mit Wasser und stelle sie über Nacht raus. Am anderen Morgen übergieße ich sie kurz mit heißem Wasser und kann sie aus der Form lösen. Heute morgen in der Dämmerung sahen sie so aus:






Man kann im Wasser auch kleine Zweige oder Blätter versenken, tiefgefroren ein toller Effekt. Gestern hatte ich die Idee, Playmobil-Männchen mit Fell zu bekleben, mit Pfeil und Bogen auszustatten und in der Kunststoffform einzufrieren. Kerze rein und wir haben für die Kinder eine Ötzi-Performance. (Dies war der pädagogische Teil, den gibt es bei mir immer mit Nutzwert.)

Die ersten Eislaternen habe ich bei meiner Schwester Nummer 1 gesehen. Die anderen beiden Schwestern wurden im Haustier-Post erwähnt (hier). Dabei hat Schwester Nummer 1 einen Jagdhund, "Deutsch-Drahthaar", der seinesgleichen sucht. Einmal war er weggelaufen. Man vermutete ihn vor einem Fuchsbau, auf den Fersen eines Kaninchens oder in der Schlange an der Wursttheke. Weit gefehlt. "Findus" saß schwanzwedelnd zwischen den "Pinguinen" in der Kindergartengruppe meiner Nichte.

Immer fröhlich bleiben

Uta





Donnerstag, 2. Februar 2012

Matratzenglück

Mein Mann sagte gestern, ich solle heute etwas schreiben, was den Leuten wirklich nützt. Also kommt jetzt etwas sehr Praktisches. Diese Liste hängt zur Zeit innen an der Zimmertür unserer Tochter. 




Was machten wir in unserer Erziehung nur ohne Türen. Jetzt komme ich darauf: die Tür ist das Erziehungsmedium schlechthin: man kann sie zuknallen, sich dahinter einschließen, Klinkenschilder dranhängen wie die Aufräumschilder neulich (hier) oder solch eine Motivationsliste daran kleben. Und (hallo, mein Mann) wie man an der Fülle der Herzen sieht: es nützt! Seit zehn Tagen ist das Bett gemacht und pünktlich wie eine Eins war Prinzessin bei ihren Unterrichtsstunden. 

Ich weiß, das mit den Listen ist nicht jedermanns Sache. Bis vor kurzem habe ich Elternkurse gegeben. Und eine Dame hat meinen Kurs verlassen, weil sie nicht der Listentyp war. Jetzt überlege ich, ob ich Kurse gebe: Wie verändere ich meinen Typ?


Aber zurück zur aktuellen Liste. Noch zwei Herzen, dann hat sich unsere Tochter eine neue Matratze verdient. Ihr Bett kann man noch ein Stückchen ausziehen. Und wenn wir eine neue Matratze anschaffen, sitze ich morgens nicht mehr auf einer Pobacke auf ihrer Bettkante, wenn ich ihr den Rücken kraule. Ob ich meine Kinder verwöhne? Ein paar Mal Kissenschütteln und es gibt eine neue Matratze? Und jeden Morgen Streicheln zwischen den Schulterblättern? Ja, ich bin in meiner Zuwendung überschießend. 

Die Punktelisten sind in der Erziehung allerdings wie Grillanzünder für das Kaminfeuer. Man erlebt ein kurzes Auflodern großer Vorsätze und Taten und danach haben wir wieder eine schwache Glut. Die Klinkenschilder allerdings, die nützen wirklich. Heute schreiben wir den vierten Donnerstag. Und als ich heute morgen in die Zimmer meiner Kinder trat, war ich überwältigt. Es fühlte sich an, als hätte ich drei Wochen in einem Wohnmobil gelebt und ich wäre am Arm von Tine Wittler in die neu renovierten Kinderzimmer getreten.  

Immer fröhlich bleiben

Uta

Mittwoch, 1. Februar 2012

"Der Zusammenbruch der Konsequenz in der Erziehung"


6.30 Uhr in Hamburg, minus 9,3 Grad Kälte, Dunkelheit, Geschichtsreferat. Nur noch spießige Shirts im Schrank, Duschgel leer. In der Seele eines männlichen Teenagers ist es das Grauen. Den Fuß lieber nicht setzen in das Wirrwarr aus Kopfhörer- und Aufladekabeln neben dem Bett, in das Wirrwarr neuer Anforderungen. Wieder einkuscheln gegen den Frost im Kopf. 7.15 Uhr. 9,2 Grad Kälte. Frühstück im Stehen, Eltern anstrengend wach. Diese zur Schau getragene Disziplin. Schwester sitzt schon im Bus. Fünftklässler, typisch.

Soll Kronprinz die Konsequenzen spüren und zu spät kommen am Tag seines Referats? Da steht er der Experte für "Der Zusammenbruch der Sowjetunion", übermüdet, Restfeuchte im Haar, sauer auf sich selbst. Ich stehe ihm gegenüber, ermüdet, sauer auf Kronprinz, Expertin für "Der Zusammenbruch der Konsequenz in der Erziehung".

Ich fahre ihn mit dem Auto. Das Gebläse überschlägt sich. Hinter uns zwei Busse der gleichen Linie. An der Haltestelle eine Traube von Eingemummten. Im Augenwinkel eine vertraute Kapuze. Vollbremsung. "Steig aus, hol deine Schwester!" - "Aber sie steigt doch schon in den Bus!" - "Hol deine Schwesterrrrr!" Meine Stimme schneidig wie der Ostwind draußen.

Beide Kinder und Frieden im Auto. Satter Vorsprung vor dem Bus. An der letzten Kreuzung vor der Schule singt Lindenberg das Lied von der Cellistin. "Mit dir, das war so groß", raucht die Udo-Stimme, "das kann man gar nicht beschreiben." Mit meinen Kindern, das ist so groß, denke ich. -"Danke", sagt mein Sohn und bückt sich noch einmal in die offene Beifahrertür. "Ich weiß gar nicht, ob ich mein Brot eingesteckt habe." - "Hast du ... viel Glück beim 'Zusammenbruch der Sowjetunion!"

Uta

Frost in der Seele, aufgenommen nach einem neuen Verfahren,  man sieht deutlich die kalte Referatswolke links