Freitag, 24. August 2012

Glückliche Familie Nr. 73: Der Los-Angeles-Blues


Prinzessin (11) ist ein sehr unerschrockenes Mädchen. Die steilste Achterbahn auf dem Jahrmarkt, Fünf-Meter-Brett im Schwimmbad, höchstes Level im Hochseilgarten - das ist für sie "baby-eier-leicht". Auch in anderen Familien zu übernachten oder auf Klassenreise zu fahren, war für sie nie ein Problem.

Heimweh? Das kannte sie nur von anderen Kindern.

Aber als wir in diesem Jahr durch die USA reisten, hatte sie plötzlich Heimweh. Nach Zuhause, nach ihrem Kater, den Nachbarn, den Freundinnen... Kurz vor unserer Abreise in L.A wurde sie sogar krank, als wäre unsere aufregende Reise einfach zu viel für sie gewesen.

Seither beschleicht sie Abend für Abend beim Einschlafen dieser Los-Angeles-Blues. Den ganzen Tag ist sie putzmunter, geht gerne zur Schule, radelt singend aus dem Freibad zurück. Aber sobald sie allein in ihrem Zimmer ist und einschlafen soll, beschleicht sie wieder dieses flaue Gefühl, das sie zum ersten Mal in der Stadt der Engel hatte. Dann kommt sie weinend die Treppe runter und ich muss mich an ihr Bett setzen, bis sie eingeschlafen ist. So geht das jetzt schon seit fast fünf Wochen.

"Die Seele der Kleinen ist noch in Amerika", sagt meine Fußpflegerin, die eine weise Frau ist. "Sie braucht einfach Zeit, bis sie wieder in ihrer Mitte ist. Fahren sie nächstes Mal lieber nach Dänemark. Meer, Dünen, Wind und Wald. Das ist das, was Kinder brauchen."

Nachdenklich schloss ich hinter der Fußpflegerin die Haustür. Da investiert man viel Geld und Flugmeilen, um seinen Kindern die Welt zu zeigen. Und dann soll das ein Fehler gewesen sein?

Ich habe mir deshalb für zukünftige Reisen einen Familien-Urlaubs-Check überlegt und unsere USA-Reise diesem Test unterzogen. Bei jedem Kriterium kann eine Reise maximal sechs Sternchen bekommen.


USA-Reise 2012

1) eine andere Kultur erleben, Fremdes kennenlernen                                 * * * * * *

2) als Familie intensiv zusammen sein                                                         * * * * * *

3) Natur erleben                                                                                           * * *

4) einmalige Erlebnisse und Abenteuer                                                        * * * * *

5) Eltern haben Zeit für sich und ihre Beziehung                                         *

6) die Kinder haben Zeit für sich

7) jedes Familienmitglied kann seinen Interessen nachgehen                       *

8) die Kinder lernen andere Kinder kennen und haben die                        
     Möglichkeit, Zeit mit ihnen zu verbringen
                           
9) Ruhe und Zeit zum Kraftschöpfen für alle                                                 *

10) eine andere Sprachen hören und sich darin erproben                               * * *

11) Möglichkeiten für die Kinder, sich auszutoben                                        *

12) die Interessen von Kindern werden berücksichtigt                                   * *

13) die Interessen von Erwachsenen werden berücksichtigt                           * * * * *



Dieser kleine Test zeigt, dass wir das nächste Mal einen Urlaub machen sollten, der die Kriterien 5), 6), 7), 8), 9) und 11) wieder stärker berücksichtigt. Also: mindestens zwei Wochen an einem Ort mit viel Natur, anderen Kindern und der Möglichkeit, sich ohne Aufsicht auszutoben.

Habt ihr Lust, Euren Urlaub in diesem Sommer meinem Urlaubs-Check zu unterziehen? Ich würde mich freuen, wenn ihr mir schreiben würdet, zu welchem Ergebnis ihr kommt und ob ihr Erkenntnisse daraus ziehen könnt. Danke!

Für mein Elterntraining hatte ich einmal auf einer Folie zusammengefasst, was Kinder und Jugendliche aus Sicht der Hirnforschung für eine gute Entwicklung brauchen, nämlich:


  • Zeit ohne Termine
  • Zeit ohne Unterweisung von Erwachsenen
  • Zeit ohne Medien
  • Bewegung
  • Kontakt zur Natur


Der Urlaub ist eine große Chance, ihnen davon viel zu bieten.


Immer schön fröhlich bleiben

Uta

PS: Gestern Abend waren mein Mann und ich noch aus und Prinzessin hat es geschafft, ohne Mamas Beistand alleine einzuschlafen. Jubel!

Wir danken dem Kuscheltier-Team unter der Leitung des großen Bären Stanislaus (Mitte) für seinen Einsatz vergangene Nacht.