Dienstag, 24. Juni 2014

Glückliche Familie Nr. 227: Die Internet-Schleuse


Heute morgen habe ich in einem Buch gelesen, das "Eltern-Trickkiste" heißt und Ideen zur Lösung sämtlicher familiärer Probleme verspricht. Überraschend fand ich den Hinweis einer Kinderärztin, dass eher nasskalte Füße zu Mittelohrentzündung führen als die Weigerung, eine Mütze zu tragen. Wenn es also wieder Herbst wird, könnt ihr euch den Mützenkampf sparen (und den gefütterte-Gummi-Stiefel-Kampf führen.)

Als ich das Trickbuch für Eltern durchblätterte, fiel mir ein, dass der einzige "Trick", der mir jemals in meinem Leben als Mutter geholfen hat, der Hinweis auf die Kindersicherung im Router war.
Router ist die Kiste, die direkt mit dem Telefonanschluss verbunden ist und den Zugang aller internetfähigen Geräte des Haushalts ins weltumspannende Netz regelt.

Es gibt Router mit und ohne Kindersicherung. Bei denen mit Jugendschutz könnt ihr die Seite mit den Router-Einstellungen auf dem Computer aufrufen und dort für jedes Gerät mit Internetzugang in der Familie eine Schleuse einrichten. Zum Beispiel "Tims iPad: täglich eine Stunde und nur zwischen 17 und 20 Uhr". Hier findet ihr eine Anleitung, wie ihr für einen Router der Marke Fritz-Box solch eine Kindersicherung einrichtet. Ich habe es auch geschafft. Das sollte als Ermutigung reichen, denn bis vor kurzem hielt ich "Router" noch für einen Begriff aus der Hundezucht.

Leider hat nicht jeder Router eine solche Jugendschutz-Funktion. Aber solltet ihr euch sowieso gerade einen neuen Router zulegen wollen, nehmt nur einen mit Kindersicherungs-Option.

Meine Kinder sind jetzt 13 und 16 Jahre alt. Bei ihnen ist  Hopfen und Malz verloren  die Kindersicherung nicht mehr so dringlich. Der Kronprinz ist für den Jugendschutz zu alt. Aber bei Prinzessin (13) bin ich froh, dass ich den Router so einstellen konnte, dass sie nach 22 Uhr nicht mehr ins Internet kann. Da ihre Mutter unter dem Einfluss sämtlicher Veröffentlichungen Jesper Juuls steht, haben wir das natürlich so lange verhandelt, bis wir der Lösung beide zustimmen konnten. ("Schatz, eigentlich bist du der Experte für dein Schlafbedürfnis, aber ich habe den Eindruck, es würde dir gut tun, wenn ...")

Der große Vorteil der Router-Kindersicherung ist, dass ihr nicht jeden Tag Polizei spielen und durchsetzen müsst, dass vereinbarte Zeiten eingehalten werden. Ist die eingestellte Zeit abgelaufen, bricht die Verbindung einfach ab. Ich liebe technische Lösungen.

Auch Vorhängeschlösser sind dann überflüssig. 

Unter Experten herrscht Einigkeit darüber, dass Kinder unter 10 Jahren nicht unbeaufsichtigt im Internet surfen sollten. Aber seitdem schon Dreijährige auf Mamas Smartphone spielen, halte ich diese Maßgabe für so durchsetzbar wie Fahrradhelm-Pflicht für Teenager mit Glätteisen-Styling.

In meinen Elterntrainings habe ich auch geraten, sich dazu zu setzen und sich dafür zu interessieren, was die kleinen Nerds so treiben. Ich stand auch zu diesem Rat, bis ich merkte, dass ich immer seekrank werde, wenn ich rasanten Verfolgungsfahrten beiwohnen oder mit taumelnden Figuren auf schwankende Rampen hüpfen sollte, wo uns eine heruntersausende Betonplatte erwartete. Mir wird davon so übel, dass ich mich hinlegen muss und als Computer-Begleitperson ein Totalausfall bin.

Obwohl ich permanente Begleitung an "ihren" Medien nicht für umsetzbar halte, finde ich es bei diesem Thema wichtig, ein paar Grenzen zu setzen.

Ich fasse mal zusammen, was meiner Erfahrung nach empfehlenswert ist:

  • Die Medien der Kinder nicht verteufeln, sich als Eltern dafür interessieren, sich mal zeigen lassen, welche Geschicklichkeit sie da erworben haben, nach Alter gestafffelt zeitliche Grenzen setzen.
  • Beim Grenzensetzen einen Router mit Kindersicherung nutzen.
  • Router werden gerne im Gesamtpaket vom Provider gratis mitgeliefert. Hier einmal "Stopp" rufen und fragen, was das Modell so bietet. Bei uns ergab das Nachfragen, dass sogar das Standard-Modell diese Möglichkeit ohne Aufpreis enthält. Nicht locker lassen! Die Leute im Call-Center sind dafür meistens nicht geschult. Lasst euch weiter verbinden oder bittet sie, es für euch zu recherchieren und dann zurückzurufen. 
  • Im Router die Jugendschutzfilter aktivieren (darauf ist wohl nicht hundertprozentig Verlass, aber besser als nichts).
  • Dort einrichten, wann und wie lange welches Kind ins Internet darf.
  • Solch eine Schleuse ist sinnvoll, bis sie 13 oder 14 Jahre alt sind. Danach muss der Jugendliche eigenverantwortlich damit umgehen können. Wenn nicht, sollte man sich nicht in hoffnungslose Kämpfe verbeißen, sondern Mantras malen und sich in Geduld üben.
  • Unbedingt das Buch "Netzgemüse. Aufzucht und Pflege der Generation Internet" von Tanja und Jonny Haeusler lesen. Unsere Kindersicherung per Router verdanke ich diesem Buch. Die Autoren sind Experten für Themen wie Internet, Social Networks, Videospiele und Smartphones und haben zusammen zwei Söhne im brisanten Alter.
  • "YouTube ist ... das Fernsehen der Generation unserer Kinder", schreiben die Haeuslers (S.75). Um es ein wenig kindersicherer zu machen, solltet ihr auf dem Rechner, den das Kind benutzt, den "sicheren Modus" für YouTube einschalten. Dazu scrollt ihr die YouTube-Seite ganz runter und findet dort einen Button "Sicherer Modus: an/aus".
  • Für Kinder unter zehn Jahren bieten Router mit Jugendschutz-Option die Möglichkeit, "White"-Listen einzurichten. Dann kann ich drei oder vier Internetseiten für sie in der Liste verlinken und sie kommen auf nichts anderes drauf als auf diese Seiten. Es gibt auch eine "Black"-Liste für alle Seiten, auf die sie auf keinen Fall kommen sollten. Aber wer weiß schon, was es da alles gibt. Deshalb finde ich die "White"-Liste für Grundschulkinder optimal. Und sie kann ja mit dem Älterwerden erweitert werden. 

Ist das hilfreich für euch? Welche Fragen sind noch offen? Was hat sich bei euch beim Thema Kinder- und Jugendschutz bewährt?

Immer fröhlich bleiben, nicht alles abwerten, was die Kinder so begeistert, und den Mumm haben, ein paar Grenzen zu ziehen.

Eure Uta