Freitag, 7. Februar 2014

Glückliche Familie Nr. 198: Mama im schwarzen Loch


Als ich noch keine Kinder hatte, war ich als Journalistin zusammen mit einer Fotografin auf einem Reportage-Termin. Die Fotografin war schwanger und ich fragte sie, wie sie das Weiterarbeiten nach der Geburt organisieren wolle.
Ich hatte damals gar keine Frage dazu, ob sie mit Baby weiterarbeiten würde. Schließlich machte die Fotografin Jobs für ein angesehenes Wochen-Magazin. Und ich war mir sicher, dass sie diesen Job nicht aufgeben wollte.

Aber die Fotografin guckte mich nur groß an (größte Blende überhaupt) und sagte: "Ich weiß es nicht. Ich weiß ja nicht, was für ein Kind ich bekommen werde."

Wenig später wurde ich schwanger. Zwar war ich fest entschlossen, die ersten drei Jahre zu Hause bei dem Kind zu bleiben, aber es sprach ja nichts dagegen, zehn Monate nach der Geburt für zwei Wochen  als Referentin auf eine Journalisten-Fortbildung nach Süddeutschland zu verschwinden.

Der Kronprinz wurde geboren, ein paar Monate gingen ins Land und der Termin meiner Abreise rückte gefährlich nahe. Seine kleine Majestät nahm gerne mehrfach täglich die Brust und hielt nichts, aber auch gar nichts von Flaschen-Milch. Wir probierten alle Saugertypen durch, Ventilbecher und was der Baby-Markt so hergab, aber unserem Baby ging es ums Prinzip.

Schließlich wurde aus der ganzen Aktion ein rüdes Zwangs-Abstillen und ich saß mit der Oberweite meines Lebens im Zug nach Nürnberg.

Mein Mann hatte sich zum Glück zwei Wochen Urlaub nehmen können und blieb mit dem kleinen Kronprinzen zu Hause.

Nach einer Woche Seminar setzten sich meine Männer ins Auto und besuchten mich im Tagungshotel.

Aber das Kind war sichtlich irritiert.

Die Mama, die wie in ein schwarzes Loch verschwunden war und mit deren Ableben es sich offensichtlich abgefunden hatte, war plötzlich wieder da. Aber man sah, dass Kronprinz der ganzen Sache nicht mehr traute.
Und als der Milch-Mann (Papa) das erste Mal nach dem Wiedersehen mit Mama auf Toilette gehen wollte, wollte Kronprinz nicht bei Mama bleiben und brüllte wie am Spieß. Der Kleine musste mit auf die Toilette. So ging es dort die ganze Zeit.

Wahrscheinlich hatte er vor Augen, wie Papa sich durch das Oberlicht quetscht und mit den Pulvermilch-Tüten auf der Autobahn davon braust und nie wieder auftaucht. (Da so Kleine noch kein Zeitgefühl haben, beginnt "nie" nach sehr kurzer Zeit.)

Die Fotografin hatte damals gesagt, sie wisse nicht, was für ein Kind sie bekommen werde.

Ich finde es bewundernswert, wenn jemand die Ruhe und die Zuversicht hat, die neue Situation erst einmal abzuwarten und dann angemessen darauf zu reagieren. Da ist so viel Respekt vor dem neuen Menschen und für sich selbst in der neuen Situation als Mutter.

Die kleinen und größeren Jobs, die ich mir für die Zeit nach der Geburt organisiert hatte, haben uns alle sehr gestresst. Von großer Unruhe beim Kronprinzen bis zur Brustentzündung bei mir. Und später war es viel schwieriger, ihn mal fremd betreuen zu lassen, als bei Prinzessin, die als Baby nicht erleben musste, dass ich tagelang verschwand.

Gerade lese ich einen dicken Wälzer über Bindungstheorie. Dort wird klar, wie wichtig die Nähe vertrauter Menschen für den Säugling ist.

"Alle Sinne von Neugeborenen sind speziell auf die Reize geeicht, die von anderen Menschen ausgehen, ... : Es betrachtet lieber menschliche Gesichter als andere Muster, und es horcht konzentrierter auf die Stimme einer Frau, besonders die seiner Mutter, als auf irgendein anderes Geräsuch. Einen Tag alte Neugeborene unterscheiden feinsinnig zwischen dem Schreien eines anderen Neugeborenen und künstlich erzeugtem Schreien gleicher Lautstärke. ... Ein Finger aus Holz löst seinen Greifreflex weniger nachhaltig aus als ein ebenso dicker menschlicher Finger." (Karin Grossmann/Klaus E. Grossmann: Bindungen - das Gefüge psychischer Sicherheit. Stuttgart, 2012, 5. überarbeitete Auflage, S. 103)

Mit Kronprinz vor 16 Jahren und einige Monate, bevor ich auf das Seminar verschwand.

Ein Baby braucht konstant und verlässlich einen fürsorglichen anderen Menschen, der mit ihm interagiert: Körperkontakt, Sprechen, Mimik, Gestik, vertraute Gerüche, Lachen, Knuddeln. Es braucht nicht unsere ganze Aufmerksamkeit und auch kein spezielles Förderprogramm, sondern eine beiläufige Nähe.
"Eine distanzierte Erziehung ist nach zahlreichen ... entwicklungspsychologischen Forschungen entwicklungshemmend (...). Vergleiche mit verschiedenen Kulturen und internationale Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass körperliche Nähe und eine umsichtige, eher nachgiebige Erfüllung kindlicher Bedürfnisse zu höherer sozialer Kompetenz führen." (ebda S. 106) 
Im Supermarkt vorgestern schrie ein Mädchen von etwa drei oder vier Monaten. Die Mutter machte ihre Besorgungen, eine ältere Frau, wahrscheinlich ihre Mutter oder Schwiegermutter, folgte der jungen Frau und schob das Fahrgestell mit der Babyschale und dem Kind darin.
Die einzige Reaktion, die die ältere Frau auf das schreiende Kind zeigte, war: Rütteln. Die ganze Zeit rüttelte sie an dem fahrbaren Gestell, ohne dass das irgendeine Wirkung zeigte. Dabei schaute sie abwesend auf die Saure-Sahne-Paletten. Kein Auf-den-Arm-Nehmen, kein freundliches Wort, kein Blick-Kontakt.

Irgendwann hörte das Schreien auf und ich sah, dass das Mädchen mit Schnuller im Mund eingeschlafen war. Ich fürchte allerdings, es hatte sich nicht beruhigt, sondern es hatte resigniert.

Es kann gut sein, dass die beiden Frauen, die ich beim Einkauf sah, sonst sehr liebevoll und fürsorglich sind. Ich will mich gar nicht über sie erheben, schließlich war ich sogar tagelang ganz verschwunden und konnte nicht mal rütteln (was allerdings sogar gesundheitsgefährdend ist).

Ich schreibe dies, weil man am Anfang vieles nicht weiß oder sich bewusst macht. Das hat was mit Professionalität zu tun, die einem auch als Eltern sehr helfen kann.

Immer fröhlich um die ganz Kleinen herum-menscheln

Eure Uta

Ps1: Joanna hat hier ganz wunderbar darüber geschrieben, dass Mütter sich nicht von der Sorge verrückt machen lassen sollten, den beruflichen Wiedereinstieg nicht zu schaffen. Guckt mal unter Punkt 4.

Ps2: Das Seminar, für das ich gearbeitet habe, als Kronprinz noch so klein war, hatte keinerlei Bedeutung für das, was ich heute beruflich mache.

Sonntag, 2. Februar 2014

Glückliche Familie Nr. 197: Wie Basti sich innerlich abrackert


Neulich bekam ich in einem Kreis von Müttern diese Geschichte mit:

Eine Frau, die sich vor einigen Jahren von ihrem Mann getrennt hatte, lebt allein mit ihrem zwölfjährigen Sohn und ihrer Mutter.

Oma kocht und backt und führt den Haushalt.
Mutter arbeitet, um alle zu versorgen.
Sohn ist bockig.

Weil er seine Hausaufgaben nicht pünktlich erledigte, wurde das iPad kassiert.
Oma kocht und backt und macht auch noch Cafeteria-Dienst in der Schule. Aber was sie mit dem Jungen tun soll, der sich immer wieder dieses "i-Dings" holt, weiß sie nicht.
Die Tochter hat es schließlich weggeschlossen. Punkt. Aus. Keine Widerrede.

Kürzlich eskalierte die Situation.
Wichtige Arbeitsunterlagen der Mutter waren verschwunden, als sie morgens zu einem neuen Arbeitgeber fuhr.
Sohn war in der Schule.
Oma stellte sein Zimmer auf den Kopf und fand die Arbeitsunterlagen hinter seinem Bett.

Omas Blutdruck in der Situation wollt ihr nicht wissen.

Aber wissen müsst ihr, dass Mutter einen neuen Partner kennengelernt hat und mit Sohn und Mutter in seine Nähe nach Hannover ziehen will und dass ...
Bastian sein altes Umfeld und seine Freunde verlassen und auf eine neue Schule gehen wird, eineinhalb Jahre nach seinem Wechsel von der Grundschule auf das Gymnasium.

Oma und die versammelten Mütter sind sich einig, dass Bastian ein schlimmer Junge ist, dem "mal endlich Grenzen gesetzt werden müssen".

"Jetzt reicht es wirklich mit dem Basti", schnauft seine Oma. "Ich habe ihm schon gesagt, er darf gerne zu seinem Vater ziehen. Dann wird er schon sehen, wie der sich um ihn kümmert. Aber das ist mir jetzt auch egal."

Synchrones Nicken bei den Frauen.

Alle bedauern die Oma. "Das hat die Heide doch wirklich nicht verdient, wo sie sich so abrackert für den Jungen und die Tochter." - "Und die arme Melanie! Kommt abends von der Arbeit, und zu Hause ist nur Krieg."

"Und der arme Basti", hob ich an, "so eine große Umstellung ...."

Aber das wollte niemand hören.

Jesper Juul sagt:


Es gibt keine Eltern, die ihre Kinder nicht über alles lieben.

Und es gibt keine Kinder, die ihre Eltern nicht über alles lieben. 


Aber Eltern und Kinder können diese Liebe häufig nicht umsetzen in liebevolles Verhalten, stattdessen herrscht "tiefe, schmerzhafte Frustration".

Mutter und Oma rackern sich ab, um die kleine Halb-Familie über die Runden zu bekommen. Aber so viel sie auch rackern, sie haben nicht das Gefühl, für Bastian wertvoll zu sein. Das tut weh und macht wütend. Und alle Erwachsenen schreien nach härteren Maßnahmen für den aufmüpfigen Jungen.

Dabei sehen sie nicht, wie Basti sich abrackert.

Es ist ein existentielles Abrackern tief in ihm drin.

Er muss den Spagat hinkriegen zwischen seiner Liebe zu Mutter und Oma und seiner Liebe zu seinem Vater, der von den enttäuschten Frauen gerne als Horrorkulisse inszeniert wird. "Na, auf den kann man sich gar nicht verlassen."

Er muss - umgeben von zwei Frauen, die gerade auf Männer nicht gut zu sprechen sind - seine männliche Identität finden, ohne dafür in seiner unmittelbaren Nähe ein Vorbild zu haben, jemand, der ihm alltäglich zeigt, wie man mit Frauen klar kommt.




Ihr könnt mir glauben, dass Basti sich abrackert, und es täte ihm gut, wenn das mal jemand anerkennen und verstehen würde.

Und bei dem ganzen inneren Ringen kommt jetzt auch noch ein neuer Mann für Mama, ein Umzug, der Verlust der Freunde, eine neue Schule ....

Noch Fragen?

Man kann froh sein, dass der Junge nur ein paar Arbeitsunterlagen versteckt hat und nicht Amok gelaufen ist.

Juul sagt, Kinder von alleinerziehenden Eltern würden sich schnell zu viel Verantwortung aufbürden, aber aufhören zu kooperieren, wenn sie nicht mehr können.

Das gelte besonders für das älteste oder das einzige Kind.

Nicht mehr kooperieren heißt: sie machen ihre Hausaufgaben nicht mehr, verweigern ganz die Schule, halten sich nicht an Abmachungen, werden aggressiv oder krank.

Ich beziehe mich hier auf das Hörbuch Familienberatung. Perspektiven und Prozess, von Jesper Juul, erschienen im Dezember 2013. (Das gibt es auch als Buch, aber ich nutze Hörbücher gerne beim Zusammenlegen der Wäsche).

Welche Hilfen kann man ableiten aus dem Hörbuch:
  • Eltern in einer alleinerziehenden Situation sind extrem beansprucht. Juul zufolge gibt es zwei ebenso extreme Antworten auf diese Überbeanspruchung: 1) totales Negieren eigener Bedürfnisse und sich ganz aufgeben für die Kinder oder 2) abstumpfen und taub werden für die Nöte und das Befinden der Kinder. Weil beides schädlich ist, ist es wichtig, die Verantwortung für sein eigenes  Leben und seine eigene Gesundheit zu übernehmen, ein Netzwerk aus anderen Erwachsenen zu gründen, sich Unterstützung zu holen.
  • sehen und anerkennen, welche Kooperationsleistung das Kind vollbringt; es in Entscheidungen mit einbeziehen (Ja, wir gehen in eine neue Stadt. Was könnte es dir erleichtern, die Umstellung zu bewältigen? Soll ich die Eltern deines Freundes fragen, ob er bald nach dem Umzug ein Wochenende bei uns verbringen darf? ...) Und wenn Mutter mit ihrem Freund zusammen ziehen möchte, muss sie ihren Sohn fragen, wie und unter welchen Bedingungen er wohnen möchte. 
  • Nicht einfach abstrakte Grenzen setzen (iPad wegschließen). Das bleibt zu sehr an der Oberfläche und verhärtet die Situation nur. Sich als Mensch aus Fleisch und Blut einbringen, sagen, was geht für mich persönlich und unter welchen Bedingungen. z.B. "Ich weiß, der Umzug ist ein großer Einschnitt für dich. Wenn dir Computerspiele Entspannung bringen, kann ich akzeptieren, dass du das im Moment brauchst. Mir ist nur wichtig, dass du in der Schule den Anschluss nicht verpasst und für die neue Schule nicht so ein schlechtes Zeugnis hast. Was kann dir dabei helfen?....

Huch, das war jetzt viel Text. Könnt ihr noch einigermaßen fröhlich bleiben?

Das wünscht euch auf jeden Fall

Eure

Uta 

Mittwoch, 29. Januar 2014

Glückliche Familie Nr. 196: Die Schule leichter nehmen


Obwohl der Weihnachtsbaum längst abgeholt wurde, habe ich noch eine Tannennadel gefunden. Sie hatte sich unter der Fußleiste versteckt, dann klebte sie am Handfeger, klammerte sich an den Rand des Mülleimers, schaffte es irgendwie, sich an meinen Socken zu hängen, war mit den Fingern schwer zu greifen, harzklebrig und flutschig zu gleich.




Mit dem "Ich-bin-nicht-gut-genug"-Gefühl verhält es sich genauso. Es ist auch so eine Klette.

Da hat man alle Nadeln von der Terrasse und alle schlechten Meinungen über sich selbst aus dem Hirn gefegt, hängt da wieder eine kleine Nadel auf der Fußmatte und ein kleiner schmutziggrauer Zweifel am eigenen Selbstgefühl.

"Hey, Zweifel, wo kommst du jetzt wieder her und verbreitest ungefragt so eine Mattigkeit in mir?"

Das mit den "Nicht-gut-genug"-Gefühlen, die einen piksen wie alte Tannennadeln, ist wichtig, weil dieser Blog seinem Forschungsauftrag treu bleiben möchte. Und der lautet:

Wie kommen so viele kleine Menschen, die am Anfang ihres Lebens keine Frage dazu hatten, ob sie ausreichend sind, im Laufe ihres Großwerdens dazu, immer mehr zu denken: 
"Ich bin nicht gut genug" und wie können wir Eltern vermeiden, dass dieser Gedanke sich in ihrem Kopf festsetzt?


Eine, wenn nicht die entscheidende Antwort lautet: 

Es ist das "Nicht-gut-genug"-Gefühl ihrer Eltern, es ist eigentlich ihr Ding, das diese treibt, die Kinder anzutreiben, mehr für die Schule zu tun, den Ranzen zu kontrollieren, sie herunter zu putzen, wenn die Hausaufgaben nicht ordentlich sind, ihnen das Schwimmzeug zu packen ("sonst fehlt da sowieso wieder die Hälfte"), sie dann später zur Studienberatung zu schicken, ihnen die Bewerbung zu tippen ... 

Unsere Kinder treiben dann wieder ihre Kinder an oder sie bekommen gar keine mehr, weil sie an ihren eigenen Eltern abschreckend erlebt haben, wie diese ausbrennen über die Jahre wegen all der Sorgen und Ängste um die Kinder. Das fängt an bei der Wahl des "richtigen" Geburtsvorbereitungskurses und hört noch nicht auf, wenn der Farbauslöser vom Schwangerschaftstest einen Ausbildungsplatz sucht. 

Wenn mehrere Eltern an einem Ort zusammen treffen, bei Elternabenden oder ähnlichen Veranstaltungen, ist die Stimmung so gut wie nie ausgelassen und unbekümmert. Von "Leichtigkeit" weit und breit keine Spur.

Kurz vor Weihnachten traf ich die Klassenlehrerin meiner Tochter. Sie wünschte mir ein frohes Fest und meinte: "Wie sehen uns ja im Februar beim Elterngespräch, dann reden wir mal ausführlich."

Ups, sofort hatte ich einen Kloß im Hals.

Was meinte sie mit "ausführlich"? Hatte das "dann reden wir mal" nicht einen bedrohlichen Unterton? Guckte sie nicht irgendwie besorgt?

Ja, und wenn? Selbst wenn den Lehrern etwas nicht passt an meinen Kindern, weiß ich doch, dass sie absolut vollkommen sind, selbst wenn der Schulsenator persönlich bei uns klingeln und etwas anderes behaupten sollte.

Oder die Lehrerin hat vielleicht sehr konstruktive Vorschläge, wie sich mein Kind besser in der Schule einbringen kann. Auf jeden Fall kann mein Hirn die Abteilung "Sorgen machen" oder "ein Problem erschaffen" gleich wieder dicht machen.

Ich bin es wirklich leid, dass ich diesem Schuldruck, diesen diffusen eigenen Kinderheitsängsten immer wieder auf den Leim gehe.

Wenn ich nicht aufhöre mit meinem "Nicht-gut-genug", ziehe ich meine Kinder mit da hinein. Und dann können wir über Generationen so weitermachen und haben keine Kraft für die entscheidenden Dinge (mal eben kurz die Welt retten).

Jetzt habe ich nicht den durchschlagenen Tipp für die Vernichtung der gemeinen kleinen Tannennadel in meinem Selbstgefühl außer
  • sich jeden Tag neu für das Gefühl "ich bin vollkommen" entscheiden und die Wohnung mit entsprechenden Post-its zu pflastern
  • Musik auflegen, das hilft mir immer. Ich habe eine CD gebrannt mit heiterer Entspannungs-Musik. Die lege ich ab und an zum Frühstück auf. Dann startet die Katzenklo-Familie gleich viel leichter in den Tag und ich freue mich riesig, wenn ich Prinzessin (13) den letzten Titel summen höre, während sie den Schulrucksack schultert und in die dunkle Kälte tritt.

Hoffentlich könnt ihr die Titel lesen. Es handelt sich um die Klavier-Musik aus dem Film "Die fabelhafte Welt der Amelie", um drei Titel von Ludovico Einaudi aus "Ziemlich beste Freunde" und um das Klarinetten-Konzert von Mozart, das auch in "Jenseits von Afrika" auf dem alten Grammophon der Farm gespielt wird.


In dem Coaching, an dem ich teilgenommen habe, hieß es: 

"Das größte Geschenk, das Eltern ihren Kindern machen können, ist, selber glücklich zu sein." 

Was verhilft euch zu mehr Leichtigkeit im Alltag?

Immer fröhlich Musik auflegen und die Schule leichter nehmen

Eure Uta

Freitag, 24. Januar 2014

Glückliche Familie Nr. 195: Die Gewinnerin


Gestern Abend hat Kronprinz in den Lostopf gegriffen und die Gewinnerin meiner Buch-Verlosung gezogen.

Das Buch "Children's spaces" von Judith Wilson und Debi Treloar ist schon verpackt und geht an ...





Josy

vom Blog applytree


Liebe Josy, ganz herzliche Glückwünsche!


Bitte sende mir eine Mail mit deiner Anschrift, dann kann ich das Buch auf den Weg schicken.

Wie immer fröhliche Grüße

Eure Uta

Mittwoch, 22. Januar 2014

Glückliche Familie Nr.194: Wenn der Zwerg das Sagen hat


Mir war es von Anfang an wichtig, Kinder nicht zu behandeln, als wären sie unfertige Halbmenschen, die es zu disziplinieren und zu formen gilt.

Jahre später habe ich erkannt: Diese Überzeugung darf nicht dazu führen, dass man vor lauter Ehrfurcht vor diesen kleinen neuen Menschen in eine Verantwortungsstarre fällt und der Zwerg das Sagen hat, kaum dass er die ersten Worte dafür hat.

Wenn man Eltern wird, muss man bereit sein zu führen.

Ich war das anfangs nicht.

Ich war so begeistert von dieser Schöpfung mit den Speckbeinchen und den braunen Smarties-Augen, dass ich meinen ganzen Tag nach dem kleinen Kronprinzen ausrichtete, meine eigenen Bedürfnisse total zurückstellte und sofort am Bettchen stand, wenn er auch nur einen Muckser von sich gab.

Im Alter von etwa einem dreiviertel Jahr liebte es seine Durchlaucht, Treppen hochzukrabbeln. So konnte man uns beide in dem Haus, in dem wir damals unsere erste Wohnung hatten, im Flur antreffen, beide auf allen Vieren auf der Treppe.

"Das ist gut für die motorische Entwicklung", erklärte ich der Mülltüte, mit der ich plötzlich auf Augenhöhe war. Unser Nachbar von oben hielt sie in der Hand und betrachtete nachdenklich Mutter und Sohn, die nebeneinander auf allen Vieren die Treppe bezwangen. Der ältere Herr schien nur noch zu überlegen, ob er mich in der Psychiatrie oder in der Hundeschule anmelden sollte.

Das Treppenkrabbeln bereue ich nicht. Das hat Spaß gemacht. Aber es gab Phasen, in denen wir gar nicht aus dem Haus kamen, weil ich nicht wagte einzuschreiten, wenn er partout alle seine 23 Autos in die Taschen vom Schneeanzug stopfen wollte.

Das führt zu Baby-Burn-out. Nicht beim Baby, sondern bei seiner Mutter. Meinen Job vorher als Zeitschriften-Redakteurin fand ich vergleichsweise erholsam.




Wenn ich heute noch einmal ein Kleinkind hätte, würde ich so gerne Folgendes ausprobieren.
  • Ich würde versuchen, es (fast) immer in meiner Nähe zu haben, aber dabei mehr mein Ding zu machen. Bei den Kleinen ist Nähe, Ansprache und Einbeziehen wichtig, nicht unbedingt Bespielen und Bespaßen.
  • Ich würde mir in den schönsten Schriften den Satz "Ich bin und bleibe hier der Chef" ausdrucken und überall in die Wohnung hängen. (Wahlweise auch "Papa und ich sind hier die Chefs.")
  • Ich würde mir einen Korb mit Deckel in den Wohnraum stellen und darin die verschiedensten Gegenstände sammeln: Schneebesen, Holzlöffel, kleine Trommel, Schlüsselbund, ein Stück Fell,  Ball, Zipfeltuch, verschiedenste Rasseln, damit immer etwas zum Entdecken und Spielen greifbar ist, aber auch schnell wieder verschwinden kann. (So einen Korb bzw. Schublade hatte ich tatsächlich und es war wunderbar. Es dürfen natürlich keine verschluckbaren Teile dabei sein, aber gerne die verschiedensten Materialien und unbedingt Sachen, die Lärm machen.)
  • Ich würde die körperlichen Bedürfnisse des Kindes (Hunger, Schlaf, Wach-Sein, Wärme, Kälte) von Anfang an achten und zum Beispiel kein Essen aufdrängen, aber wann wir den Spielplatz verlassen, ob es ein Eis gibt und welche Schuhe wir kaufen, bestimme natürlich ich. 

Immer fröhlich bereit sein zu führen

Eure Uta




Donnerstag, 16. Januar 2014

Glückliche Familie Nr. 193: Kinderzimmer einrichten


Der Nachttisch für Prinzessin ist seit Wochen nicht lieferbar. Prinzessin (13) stört das nicht. Wohndesign ist ihr nicht wichtig.

Aber mir ist es wichtig. Wie schön wird es aussehen, wenn der warme Schein der Nachttischlampe auf das matte Holz fällt. Das Buch mit dem Einhorn auf dem Umschlag werde ich schräg auf den Tisch legen, daneben die kleine Glasvase mit einer rosa Tulpe.

Wenn ich neue Handtücher ins Bad bringe, werde ich kurz in der Prinzessinnen-Tür verweilen und einen Blick auf das Ensemble mit Bett, Buch und Nachttisch werfen.

Wenn ich mein Laptop wieder ins Arbeitszimmer trage, werde ich die Tulpe um fünf Grad Richtung Fenster drehen.

Sollte ich nicht die Heizung herunter regeln und einmal durchlüften? Und während ich warte, bis genug frische Luft im Zimmer ist (wichtig!), fällt mir ein, dass der kleine Bilderrahmen, bei dem der Lack etwas abgeblättert ist, perfekt über den Nachttisch passen würde.

Ein wohliger Schauer läuft mir über den Rücken. Eines Tages wird es ei uns aussehen wie in dem Wohnzeitschriften-Kinderzimmer, das ich neulich beim Zahnarzt entdeckte: modernes Bett, Turnstange aus einer alten Dorfschule an der Wand montiert, daran ein rosa Tütü, Ballettschuhe, weiß lackierter Metall-Spind ...

Der schönste Moment, Kinder zu haben, ist manchmal der, wenn sie nicht da sind.

Besonders, wenn man Einrichtungsideen in ihren Zimmern entwickeln möchte.

Und wenn die Idee fertig ist und die Kinder wieder da sind, dann kann man unter einem Vorwand anklopfen und ganz beiläufig seine Idee unterbreiten. "Ich habe neulich, hüstel, hüstel, ein Bücherregal entdeckt, das zufällig genau hinter deine Tür passen würde." oder "Für deine Schulsachen fände ich ein Hängeregister ideal. Was meinst du?"

Meistens werden meine Ideen akzeptiert, aber ich fühle mich schlecht dabei. Ich fühle mich wie jemand, der ihnen ein "Wachturm"-Abo oder Staubsaugerbeutel andrehen will.

Schließlich ist es ihr Zimmer.

Und wie wichtig war es mir früher, endlich ein eigenes Zimmer zu haben.

Aus einer alten Styropor-Verpackung hatte ich mir einen Tresor gebaut. Der stand neben meinem Bett und war so mit einem Glöckchen gesichert, dass ihn niemand öffnen konnte, ohne ein Klingeln auszulösen. Jedem Einbrecher, der scharf auf Styropor-Tresore und den rostigen Kronkorken darin war, hätte ich sofort mit dem Kopfkissen eins übergebraten.

Die Kiste der neunjährigen Uta würde vor den Augen der erwachsenen Mama-Uta nicht bestehen können. Sie war schmuddelig weiß und hässlich wie die Nacht. Immer wieder hatte ich kleine Brocken herausgepult und den Namen meines Grundschul-Schwarms in die Seite geritzt. Innen drin befand sich der Korall-Ring, den meine Großeltern mir geschenkt hatten, ein gestrickter Löwe vom Kirchenbazar und meine und Frank Schneeballs Kronkorkensammlung. (Frank war mein Freund aus der Straße. Mit ihm hatte ich die Kronkorkensammlung und ein florierendes Geschäft für Unkraut-Samen.)

Mein Vater hatte selbst ein Bett für die Nische in der Wand gezimmert. Aber sonst kümmerten meine Eltern sich nicht darum, wie ich mein Zimmer einrichtete. Auch die Eltern meiner Freundin Kristin ließen große Freiheiten bei der Gestaltung von Kristins Zimmer. Als wir etwa 13 Jahre alt waren, erlaubten sie Kristin und ihren Freundinnen (ich auch!), ihr Zimmer neu zu tapezieren.
Das war ein Spaß. Die eine oder andere Bahn hing schief. Aber ich werde unser Glück nie vergessen, wie wir in dem Kleister rührten, über Jungs quatschten und aus Tapeten-Resten feuchte Lampenschirme formten.

Jetzt hat wieder mal ein Post eine Richtung genommen, die er nicht haben sollte. Die Dinger machen sich einfach selbständig in meinem Kopf.

Ich wollte ein Einrichtungsbuch verlosen und euch animieren, mit viel Freude und neuen Ideen die Zimmer eurer Kinder zu gestalten. Und dann wird daraus ein Freiheits-Thema, ein Appell dafür
  • euren Kindern ihre eigenen Ecken zu lassen, auch wenn sie es nicht ins "Schöner Wohnen" schaffen mit ihrem Zimmer
  • ihnen Material zu geben für kuschelige Höhlen: Decken, Matratzen, Schaumstoffelemente, Wäscheklammern, Seile
  • ihnen etwas zu geben zum Schaukeln, Hüpfen oder Wippen im Zimmer
  • ihnen Flächen an der Wand zum Selbermalen zu lassen
  • ihnen Regale, Gläser, Setzkästen für ihre Sammelleidenschaft zu geben
  • eine Verkleidungskiste mit bunten Tüchern, Mamas Brautschleier, Sonnenbrillen und Hüten zu füllen
  • an ihre Tür zu klopfen, wenn ihr eintreten wollt (spätestens ab 10 Jahren), und zu akzeptieren, wenn ihr mal nicht dürft (es sei denn, es sickert Blut darunter durch)
  • ihnen Holzkisten oder Pappschachteln zu überlassen für ihre Schätze oder ihnen mal einen kleinen Tresor zu schenken (Kinder und Jugendliche lieben Tresore) 

Das Buch verlose ich trotzdem. Denn wenn man nicht zu perfektionistisch ist, ist ja beides möglich: wunderschöne Kinderzimmer einrichten und sie von ihren Bewohnern mit gestalten zu lassen.

Es ist das Buch "children's spaces, from zero to ten" von Judith Wilson und traumhaften Fotos von Debi Treloar, erschienen 2001 in New York, ein Bildband mit englischen Texten.

Da meine Kinder nicht mehr "from zero to ten" sind, dachte ich, ich kann jemandem eine Freude machen, der kleine Designer in diesem Alter hat. 

Schaut mal, das ist es:




Wer an der Verlosung teilnehmen möchte, schicke mir bitte einen Kommentar, in dem ihr aus den Zimmern eurer Kinder berichtet. Werden da Höhlen gebaut? Gibt es eine Schatzkiste? Darf man an die Wand malen? Sind Geheimnisse erlaubt? Klopft ihr an? Hat jedes Kind sein eigenes Zimmer oder gibt es ein gemeinsames Schlafzimmer und ein Spielzimmer?*

Einsendeschluss ist Mittwoch, 22. Januar 2014.

Viel Glück bei der Verlosung und immer fröhlich einrichten und den Kindern ihre Ecken lassen

Eure Uta




*So eine Aufteilung in ein gemeinsames Schlafzimmer und ein Spielzimmer kann bei Kindern unter 10 Jahren Sinn machen. Dann kommt nicht so ein Territorial-Verhalten auf und es kann dazu führen, dass es weniger Geschwisterstreit gibt. Hat jemand Erfahrungen damit? (auch ein solcher Kommentar qualifiziert seinen Schreiber für die Verlosung).

Mittwoch, 15. Januar 2014

Vielen Dank für so viele Kommentare!

Ich möchte mich ganz herzlich bedanken für die vielen Kommentare, Dank-Zuschriften und persönlichen Geschichten, die Ihr mir gesendet habt. Die Resonanz auf den Kann-Kind-Post war überwältigend. Ich habe mich sehr gefreut.

Weiterhin erreichen mich Kommentare, die das Für und Wider des frühen Einschulens erörtern und darüber hinaus Spekulationen über unseren Kronprinzen und seine Begabungen anstellen. Das sprengt den Rahmen meines Blogs und ich hoffe, Ihr habt Verständnis dafür, dass ich keine weiteren Kommentare zu dem Kann-Kind-Thema veröffentliche. Der nächste Post aber ist in Vorbereitung ...

Herzlichen Dank noch einmal für die große Anteilnahme!

Eure Uta