Samstag, 12. April 2014

Glückliche Familie Nr. 212: Die Todesanzeige


In dieser Woche hatte ich ein Treffen einer Arbeitsgruppe von Eltern, die sich an unserer Schule gebildet hat. Worum es da inhaltlich geht, spielt jetzt keine Rolle. Bei diesem Treffen habe ich mich mit Äußerungen zurück gehalten. Die anderen waren so in Schwung, da wollte ich sie nicht ausbremsen. Rechthaberei und Besserwisserei kann ich sowieso nicht leiden. Und da ich weiß, dass ich eine Neigung dazu habe, halte ich in solchen Situationen lieber den Mund.

Schon in der Schule sagte mein Deutschlehrer: "Uta, wenn deine Meldung wieder mit einem 'aber' beginnt, nehme ich dich nicht mehr dran."

Mir ging bei dem Treffen der Elterngruppe vieles durch den Kopf, sicher auch die Angst, alleine da zu stehen mit meiner Meinung.

Ich bin früher gegangen, habe das Auto gewendet im kalten Licht einer Tankstelle und bin ein wenig niedergeschlagen nach Hause gefahren.

Bin ich zu abwägend, zu verschlossen, zu kontrolliert, zu feige?

Rechthaberei ist blöd, wirklich. Aber dieses "Sich-nicht-zeigen", "Sich-als-Person-nicht-einbringen", "Mit-seiner-Meinung-hinterm-Berg-halten" kann einen sogar krank machen.

Meine Trainerin beim Coaching sagte mal sinngemäß:
Auf manchem Grabstein könnte man draufschreiben: "Paket geht ungeöffnet an Absender (Gott) zurück." 
So ein ungeöffnetes Paket will ich nicht sein.

Ich zeige, wer ich bin, "kippe die Waagschalen um und fülle sie mit Wind" (Hilde Domin) und mache fröhlich den Mund auf. Ja, dann sagt man vielleicht mal was Falsches, dann steht man vielleicht mal alleine da. So what!

Kürzlich entdeckte ich in der Zeitung eine Todesanzeige, über die der Satz stand:

"Es liegt keine Tragik im Ende eines erfüllten Lebens."

Ist das nicht ein wunderbarer Satz?  Mir imponiert die Dankbarkeit für ein gelebtes Leben und die Akzeptanz des Todes, die darin steckt. Dabei ist 74 ein Alter, bei dem viele Angehörige schreiben würden: "viel zu früh" oder "wurde jäh aus unserer Mitte gerissen".

Dies ist die Anzeige. Ich habe sie anonymisiert und mir erlaubt, sie etwas fröhlicher zu gestalten.






Das mit der Eltern-Arbeitsgruppe ist nur ein höchst profanes Beispiel aus meinem Alltag. Aber mein kleiner Blues danach hat mich an diese Todesanzeige erinnert und daran, dass es nicht gut ist, mit seinen Überzeugungen, Ideen und Talenten hinterm Berg zu halten.

Für mich ist ein Tag ein erfüllter Tag, wenn ich mir selbst treu geblieben bin.

Was ist für euch ein erfüllter Tag?

Womit haltet ihr hinterm Berg?

Immer fröhlich alles auspacken, was in euch steckt.

Eure Uta