Sonntag, 28. Juli 2013

Glückliche Familie Nr. 156: Gute Nachrichten


In dieser Woche telefonierte ich mit meiner ältesten Freundin. Bald kamen wir thematisch nach Duisburg. Der Stadt ginge es schlecht, erzählte meine Freundin. Immer mehr junge Leute würden wegziehen und kaum noch welche nachwachsen. Mehrfamilienhäuser würden abgerissen, weil sie leer stünden, in andere würden Roma-Familien einziehen, die in großer Zahl in solche Städte drängen würden.

Das war interessant, davon hatte ich noch nicht gehört.

Genauso wenig wie von dem Film über die Trinkwasserproblematik in einem afrikanischen Land, von dem meine Schwester erzählte. Das Filmteam wollte darstellen, wie Rücksichtslosigkeit und Korruption multinationaler Firmen die Einheimischen in tiefste Not geführt hatte. Um den Film fertig zu stellen, verhielt sich das Filmteam schließlich genauso rücksichtslos wie die Menschen, die sie anprangern wollten.

Trostloser kann ich mir einen Kino-Abend kaum vorstellen.

Schließlich hatte meine Fußpflegerin noch ein Untergangsszenario parat. Sie sei sich sicher, dass die Amerikaner kurz davor seien, die Weltherrschaft zu übernehmen. Das habe diese NSA-Spähaffäre gezeigt. Sie hätte das schon länger geahnt. Und es sei unter ihrer Würde bespitzelt zu werden und sie werde in ihrem Leben keinen Computer mehr benutzen.

Uff.

Was soll ich dazu sagen? Oder noch viel wichtiger: Was kann ich tun?

Wenn von vorne herein ausgeschlossen ist, dass ich etwas tun kann, möchte ich solche Sachen gar nicht hören.

Deshalb gucke ich im Fernsehen nicht "Monitor", schaue keine politischen Talkshows und so gut wie keine Nachrichten.

In einem Buch* über den Umgang mit Medien wird die schweizerische Schriftstellerin Ruth Schweikert, Mutter von fünf Söhnen, zitiert. Über das Gucken von Fernsehnachrichten in der Familie sagt sie:

"Es fließt sehr viel Kraft und Emotionalität in Schicksale, die einen eigentlich nicht betreffen."

In meinem Umfeld sorgt es manchmal für Irritationen, dass ich als Journalistin keine Fernsehnachrichten und keine politischen Talks-Shows sehe. Ich habe keine Lust mehr auf das alte jounalistische Prinzip "Bad news are good news." Die merkwürdige Lust des Menschen auf Drama und Leid will ich bei mir selbst in Grenzen halten.

Stattdessen sammele ich gute Nachrichten, schneide mir Artikel aus über Menschen, die begeistert an Lösungen arbeiten, die uns wirklich weiterbringen. Wie zum Beispiel den Artikel** über die britische Journalistin Marina Cantacuzino. Sie hat früher "homestorys" geschrieben über Verbrechensopfer. Irgendwann war sie es leid, sie nach blutigen Details zu fragen. Sie begann, sich weltweit auf die Suche nach Menschen zu machen, die Opfer von Gewalt durch Krieg, Terror oder Kriminalität geworden waren und trotzdem einen Weg gefunden haben, zu verzeihen und weiter zu leben. Daraus entstand das "Forgiveness Project".

Gestern habe ich an dieser Stelle aufgehört zu schreiben. Ich bin barfuß durch den Garten gelaufen in der Hoffnung, mir käme mit dem frischen Tau zwischen den Zehen die Erleuchtung, wohin dieser Beitrag führen soll.

Fernseh-Nachrichten-Verbot für Kinder unter sechs Jahren?

Ja, aber vor allem das Leben ausschöpfen hier und jetzt.


Mädchen in Paris

Ich stürmte zurück ins Haus, klappte den Computer zu, zerrte Prinzessin (12) aus dem Bett (die Männer sind verreist) und frühstückte mit ihr in der Morgensonne unter dem Apfelbaum.

Statt sich von den Welt-Nachrichten niederdrücken zu lassen, immer gucken, wo man fröhlich was tun kann

Uta


* Dominique Bühler, Inge Rychener: Handyknatsch, Internetfieber, Medienflut. Umgang mit dem Medienmix im Familienalltag. Freiburg 2008, S. 15

** "Wie auch wir vergeben. Schmerz, Wut, Heilung: Eine Engländerin sammelt Geschichten vom Verzeihen" in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16. März 2008, Nr. 11